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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Osborn, Max: Haus Walther Lange von Bruno Paul
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0411

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PROFESSOR BRUNO PAUL

»VORHOF HAUS LANGE»

HAUS WALTHER LANGE VON BRUNO PAUL

TEXT VON MAX OSBORN

Die neue Entwicklungsphase der künstle-
rischen Sprache Bruno Pauls, die man
seit einigen Jahren mit größtem Interesse ver-
folgte, ist nunmehr abgeschlossen. Der Berliner
Meister der Architektur und aller Zweige des
Innenbaus, der jetzt ein volles Menschenalter
mit unvermindertem Führersinn das Schicksal
der modernen Raumgestaltung mitbestimmt,
hat eine neue Klärung und Verjüngung durch-
gemacht. Die Einwirkungen der nachwachsen-
den Künstlergeneration sind nicht spurlos vor-
übergegangen; er hat sie in seiner Weise durch-
gearbeitet und adaptiert. „In seiner Weise" :
das bedeutet nicht sprunghaft, einer Laune fol-
gend, sondern, wie es Pauls Individualität ent-
spricht, nach bedächtiger, kluger Prüfung und
Erwägung, in der Form einer Aneignung, die
aus erkämpfter innerer Überzeugung, aus einem
organischen Hineinwachsen in das Stilgefühl
der veränderten Zeit hervorging. Die darum
die neuen Prinzipien und Formvorstellungen
völlig in seine persönliche Art einschmolz. Es

ist, als habe eine der „Häutungen" stattgefun-
den, zu denen sich der älter werdende Goethe
so gern und stolz bekannte, und ohne die künst-
lerischer Aufstieg ihm undenkbar schien. Be-
stimmend aber blieb, diesmal wie stets, bei der
Wandlung und Umschmiedung der Ausdrucks-
mittel das Gesetz von Pauls Persönlichkeit, die
Kultur und Noblesse seines reifen Geschmacks,
seines sicheren Gefühls für harmonische Bil-
dungen. Wenn er die Grundsätze der ruhigen,
ernsten Linienführungen, der wohltuenden Logik
durchschimmernder kubischer Gestaltungen, des
neuen Verhältnisses zur Fläche als Wirkungs-
motiv, der wohlüberlegten, betonten Kontra-
stierungen von Formelementen undFarbeff ekten
übernahm, die in solcher Konsequenz und in
den nun geübten Verbindungssystemen früher
bei ihm nicht anzutreffen waren, so verband
sich dies alles aufs Natürlichste mit seinem
eigenen Wesen, mit den Ur-Bruno-Paul-Zügen
der gehaltenen Vornehmheit, des komfortablen
Behagens, des soliden Materialsinns.

XXXII. Märi 1939. 4
 
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