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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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László, Paul: In letzter Minute...
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0442

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In letzter Minute

Gras mehr wächst". — Dann nach reiflicher
Überlegung fand ich, daß, wenn ich etwas so
sicher behaupte, ich es auch begründen müsse.
Wenigstens hätte ich das Thema berühren
müssen. Allerwenigstens! Und das wollte und
konnte ich nicht. So griff ich nach dem wirklich
indifferenten Titel „In letzter Minute". Und da-
runter klebte ich noch die Worte: „Läszlö -
Plauderei". Mein lieber Gott, es gibt Läszlö-
Möbel, Läszlö-Stoffe, — dann kann es doch
wohl auch Läszlö-Plaudereien geben.

Aber Sachlichkeit ist Trumpf. Darum will
ich also gleich „in medias res" gehen.

Apropos „neue Sachlichkeit"! Ist Sachlich-
keit neu, wozu das dann so betonen, wozu
„neue" Sachlichkeit? (Wenn Du, lieber Leser,
in ein Schuhgeschäft gehst, so wird die Ver-
käuferin auch nicht die Ware mit „bitte, hier
sind neue Schuhe" anpreisen.) Ist es aber eine
alte, sozusagen aufgewärmte Sachlichkeit, so
kann sie wiederum nicht neu sein. Ergo?! Es
ist heutzutage überhaupt sehr schwer, sich als
fremder Mensch in der Kunst auszukennen.
— Wir leben halt ein intellektuelles Leben.
Heute ist jeder ein kleiner Intellekt. Aber hier
liegt gerade der sogenannte Hund begraben. Die

Form des Lebens ist uniformiert, rationalisiert.
Wirtschaftliche un d politische Erwägungen schu-
fen Begriffe, deren Endsilben immer in „ismus"
aufgehen. Niveau ist heute auch standardisiert,
und diese Standardisierung erhebt keine allzu-
großen Ansprüche. Kunststück also heute
Intellekt zu sein.

Deutschland geht im Amerika-Enthusiasmus
allen kontinentalen Staaten voran. Und es wäre
doch zu überlegen, wie weit wir diesen Amerika-
nismus mitmachen dürfen. Bitte zu nuancieren!
Amerika hat von uns auch nur die allerbesten
geistigen Werte importiert. Bitte nuancieren,
sortieren! Zugegeben, daß die Kartoffel be-
kanntlich auch aus Amerika importiert wurde
und bei uns einen guten Boden gefunden hat,
aber alles läßt sich nicht damit vergleichen.

Man spricht immer von wirtschaftlicher Not!
Geistige Not! das sollten wir stärker beach-
ten! Da können wir noch helfen, da können
wir unsere Bilanz aktiv gestalten, aber dann
bitte keine Phrasen.

Es war und ist ein großer Kampf. Zeitgemäß
schaffende Architekten, Maler, Bildhauer und
sonstige Künstler, Schriftsteller und gleichge-
sinnte Menschen kämpfen einen Kampf um die
 
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