KANZEL IM BAPTISTERIUM ZU PISA
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Gewalten dieier Tafel aber lind unverhältnilsmälsig kurz und plump, und die
Gewandbehandlung iE belonders hart. Wo hch der Meifler von antiken Vor-
bildern entfernte, war er eben noch aufserordentlich unhcher; dielen Eindruck
erhält man befonders der eben befchriebenen Tafel gegenüber. Aber dasfelbe
Bild hat vor der in Bezug auf Formenlchönheit ihm weit überlegenen Geburts-
lcene den Vorzug, dals in ihm der geittige Mittelpunkt der Handlung ftark be-
tont, die ganze Compolition auf denlelben bezogen ift. Auch die lymbolilchen
Vorgänge in den oberen Ecken des Bildes ftehen in engftem Zulammenhange
mit dem HauptgegenEande; wir hnden hier nämlich eine an ältere Darftellungen
desfelben Gegenftandes anknüpfende Andeutung der »Kirche« und der »Synagoge«.
Auf der linken Seite, alfo derjenigen der Angehörigen Jefu, wird Ecclelia, eine
jugendliche weibliche Geftalt, mit einem gottesdienfllichen Geräthe in den Händen,
durch einen Engel freundlich auf den Gekreuzigten zugeführt; die Synagoge aber,
ein altes Weib, das ein umgeftülptes Weihrauchgefäls in den Händen zu halten
icheint, wird auf der Seite der feindlichen Juden durch einen Engel hinweg-
gedrängt.
Die Darftellung des »jüngEen Gerichtes« ift leider, da die meiften Köpfe ab-
gelchlagen lind, in einem folchen Zuftande, dals eine vollftändige Beurtheilung
unmöglich ift. An diefem Bilde ift die Ueberfüllung mit Figuren eine belonders
weitgehende. Der von zwei Engeln und den Evangeliftenzeichen umgebene
Weltenrichter thront nicht, wie es fonft bei Darftellungen diefes Gegenftandes
üblich ift, gerade in der Mitte des Bildes, londern ift mehr nach rechts gerückt.
Zu feinen Fülsen gewahrt man ein grolses Kreuz, das von zwei Engeln gehalten
wird, die auch noch andere (jetzt zerftörte) PaEionswerkzeuge hielten. Den
rechten Arm hat Chriftus in der Weife halb erhoben, dals die innere Fläche der
Hand zu lehen ift, wahrfcheinlich Iah man urfprünglich auch die linke (zerftörte)
Hand von Innen (wie an der unten zu befprechenden Kanzel zu Siena). Es ift
olfenbar das Zeigen der Wundmale gemeint, wie man es häuhg in mittelalter-
lichen Darftellungen des «jüngEen Gerichts« antrifft. Auf der linken Seite des
Bildes lieht man die Seligen, in vier Reihen angeordnet, an ihrer Spitze Maria,
lieh fürbittend zum Sohne wendend. Die dieier Figur entlprechende ebenfalls
flehende Geftalt auf der rechten Seite ftellt ohne Zweifel (nach alter Tradition)
Johannes den Täufer vor. Der untere Theil der linken Hälfte des Bildes ift Auf-
erftehungslcenen gewidmet: hier lieht man fchön gearbeitete nackte und leicht-
bekleidete Körper, zum Theil in gewagten Stellungen; rechts aber lind die Höllen-
ftrafen angedeutet: die zur Verdammnils Verurtheilten werden hier von Teufeln in
grolse Thierrachen gefteckt oder von abenteuerlichen Ungethtimen gebiffen;
Beelzebub, ein Icheusliches Ungeheuer mit Schlangen am Kopfe und Vogel-
krallen ftatt der Fülse, fitzt in der äulserften Ecke rechts auf einem fchwer zu
befchreibenden Monftrum. Mit der Linken drückt er den Körper eines Unglück-
lichen an lieh, mit der Rechten drängt er ein anderes Opfer in einen gierigen
Thierrachen, mit den Fülsen aber tritt er auf einen Sünder, der von einem
gnomenartigen Teufel gefreffen wird. Letztere Figur mit dem unverhältnilsmälsig
grofsen Kopfe ift jenen antiken Kindergeftalten nachgeahmt, welche lpielend den
Kopf in grolse Masken gefteckt haben. Die vielen nackten Körper auf dieier
Platte zeugen vom Studium der Antike, aber doch wohl auch von eingehenden
Naturftudien, ohne welche es dem Künftler wohl fchwerlich gelungen wäre, die
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Gewalten dieier Tafel aber lind unverhältnilsmälsig kurz und plump, und die
Gewandbehandlung iE belonders hart. Wo hch der Meifler von antiken Vor-
bildern entfernte, war er eben noch aufserordentlich unhcher; dielen Eindruck
erhält man befonders der eben befchriebenen Tafel gegenüber. Aber dasfelbe
Bild hat vor der in Bezug auf Formenlchönheit ihm weit überlegenen Geburts-
lcene den Vorzug, dals in ihm der geittige Mittelpunkt der Handlung ftark be-
tont, die ganze Compolition auf denlelben bezogen ift. Auch die lymbolilchen
Vorgänge in den oberen Ecken des Bildes ftehen in engftem Zulammenhange
mit dem HauptgegenEande; wir hnden hier nämlich eine an ältere Darftellungen
desfelben Gegenftandes anknüpfende Andeutung der »Kirche« und der »Synagoge«.
Auf der linken Seite, alfo derjenigen der Angehörigen Jefu, wird Ecclelia, eine
jugendliche weibliche Geftalt, mit einem gottesdienfllichen Geräthe in den Händen,
durch einen Engel freundlich auf den Gekreuzigten zugeführt; die Synagoge aber,
ein altes Weib, das ein umgeftülptes Weihrauchgefäls in den Händen zu halten
icheint, wird auf der Seite der feindlichen Juden durch einen Engel hinweg-
gedrängt.
Die Darftellung des »jüngEen Gerichtes« ift leider, da die meiften Köpfe ab-
gelchlagen lind, in einem folchen Zuftande, dals eine vollftändige Beurtheilung
unmöglich ift. An diefem Bilde ift die Ueberfüllung mit Figuren eine belonders
weitgehende. Der von zwei Engeln und den Evangeliftenzeichen umgebene
Weltenrichter thront nicht, wie es fonft bei Darftellungen diefes Gegenftandes
üblich ift, gerade in der Mitte des Bildes, londern ift mehr nach rechts gerückt.
Zu feinen Fülsen gewahrt man ein grolses Kreuz, das von zwei Engeln gehalten
wird, die auch noch andere (jetzt zerftörte) PaEionswerkzeuge hielten. Den
rechten Arm hat Chriftus in der Weife halb erhoben, dals die innere Fläche der
Hand zu lehen ift, wahrfcheinlich Iah man urfprünglich auch die linke (zerftörte)
Hand von Innen (wie an der unten zu befprechenden Kanzel zu Siena). Es ift
olfenbar das Zeigen der Wundmale gemeint, wie man es häuhg in mittelalter-
lichen Darftellungen des «jüngEen Gerichts« antrifft. Auf der linken Seite des
Bildes lieht man die Seligen, in vier Reihen angeordnet, an ihrer Spitze Maria,
lieh fürbittend zum Sohne wendend. Die dieier Figur entlprechende ebenfalls
flehende Geftalt auf der rechten Seite ftellt ohne Zweifel (nach alter Tradition)
Johannes den Täufer vor. Der untere Theil der linken Hälfte des Bildes ift Auf-
erftehungslcenen gewidmet: hier lieht man fchön gearbeitete nackte und leicht-
bekleidete Körper, zum Theil in gewagten Stellungen; rechts aber lind die Höllen-
ftrafen angedeutet: die zur Verdammnils Verurtheilten werden hier von Teufeln in
grolse Thierrachen gefteckt oder von abenteuerlichen Ungethtimen gebiffen;
Beelzebub, ein Icheusliches Ungeheuer mit Schlangen am Kopfe und Vogel-
krallen ftatt der Fülse, fitzt in der äulserften Ecke rechts auf einem fchwer zu
befchreibenden Monftrum. Mit der Linken drückt er den Körper eines Unglück-
lichen an lieh, mit der Rechten drängt er ein anderes Opfer in einen gierigen
Thierrachen, mit den Fülsen aber tritt er auf einen Sünder, der von einem
gnomenartigen Teufel gefreffen wird. Letztere Figur mit dem unverhältnilsmälsig
grofsen Kopfe ift jenen antiken Kindergeftalten nachgeahmt, welche lpielend den
Kopf in grolse Masken gefteckt haben. Die vielen nackten Körper auf dieier
Platte zeugen vom Studium der Antike, aber doch wohl auch von eingehenden
Naturftudien, ohne welche es dem Künftler wohl fchwerlich gelungen wäre, die