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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Bode, Wilhelm von: Die florentiner Marmorbildner in der zweiten Hälfte des Quattrocento
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0326

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Die florentiner Marmorbildner in der zweiten Hälfte
des Quattrocento.

Den grofsen Bildnern, welche während der erden Hälfte des Quattrocento in
Florenz die Renaiffance heraufgeführt und durch Verftändnifs und Gröfse der
Naturauffaffung wie durch Fülle und Leichtigkeit der Erfindung zu ihrer höchden
Blüthe gebracht hatten, den Ghiberti und Donatello, folgt in der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts eine Generation von Kündlern, welche im Genuffe des gewonnenen
Verdändniffes der Natur und des wiedererfchloffenen Studiums der Antike nicht
mehr in erder Reihe das Charakteridifche und Gewaltige (terribile) andreben,
fondernAnmuth und Schönheit damit zu verbinden fuchen, fowohl in der Dar-
dellung der menfchlichen Gedalt als in der Decoration, welche bei der Bedeu-
tung der gleichzeitigen Architektur grade in diefen Bildnern, die theilweife felbd
zu den hervorragendden Architekten zählen, ihre gröfsten Meider fand.
Diefe neue Richtung entfprach der Wendung, welche gleichzeitig die Politik
und das Leben in Florenz allmälig zu nehmen begannen: an die Stelle grofser
und öffentlicher Aufgaben trat mehr und mehr die Verherrlichung des Einzel-
nen in der Kund durch die Herdellung reicher Privatkapellen und Grabdenk-
male in den Kirchen wie durch die Ausfchmückung der Paläde und Anferti-
gung von Bildniffen.
Solche Aufgaben führten zur Ausbildung einer vollendeten Meiderfchaft
in der Bearbeitung der verfchiedenartigden Materiale, namentlich der beiden
edelden, des Marmors und der Bronze. Nach diefen beiden Materialen und der
Natur derfelben entfprechend laffen fich zwei verfchiedene Strömungen innerhalb
diefer einen gemeinfamen Richtung unterfcheiden. Die Bronzekündler, an ihrer
Spitze Verrocchio und die Gebrüder Pollajuolo, zeigen in der harten und fpröden
Bronze ein energifches, zuweilen felbd herbes Streben, verbunden mit einer aus-
geprägten Vorliebe für technifche Vcrfuche und Vervollkommnungen, die he
ebenfo auch als Goldfehmiede und als Maler verfolgen; die Marmorbildner hin-
gegen wiffen in ihrem weichen Stoffe ihren Schöpfungen vollendetden Liebreiz
Grazie in der Bewegung wie in der Form zu verleihen.
Vorbereitet und zum Theil auch wohl beeindufst dnd diefe Marmorbildner
durch Luca della Robbia, welcher bei dem hohen Alter, das er erreichte, nicht
nur bis mitten in diefe Epoche hineinragt und fogar mehrere der hervorragendden
Repräfentanten derfelben überlebt, fondern auch in feiner Schule eine gleich
befeelte Kündlerfchaft grofs zog. Das eigentliche Vorbild diefer Kündler blieb
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