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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Fra Guglielmo: Geb. im Pisa um 1238; gest. nach 1313
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0045

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Fra Guglieimo.

Geb. in Pifa um 1238; geft. nach 13:3.
Unter den Schülern und Nachfolgern Niccolo PifanoN; über deren Thätigkeit
hier ein kurzer Ueberblick gegeben werden loll, nimmt der Dominicaner Guglieimo
eine bedeutende Stelle ein.
Wir haben ihn bereits als NiccoloL Mitarbeiter an der Graburne des h. Dominicus
zu Bologna angetroffen. An diefes Werk knüpft sich auch die einzige Epifode aus
feinem Leben; von welcher wir ausführlichere Kunde haben: Bei der Uebertragung
der Reliquien des Heiligen in das neue Grab am 5. Juni 126/ beging Fra Gug-
lieimo einen frommen Diebftahl; der uns an jene Begebenheit erinnert; von
welcher Einhart in feiner ))Gefchichte der Uebertragung der Körper der hh.
Märtyrer Petrus und Marcellinus<x (vgl. Dohme; Einhart; S. 16 ff.) handelt. Der-
gleichen Diebftähle müffen noch zu GuglielmoN Zeit fehr im Schwange gewefen
fein; denn der Dominicanergeneral hatte vorfichtiger Weife vor dem feierlichen
Akte ausdrücklich die Strafe der Excommunication dem etwaigen frommen Diebe
angekündigt. Trotzdem ftahl Guglieimo eine Rippe des Heiligen und verflechte
diefelbe nach feiner Heimkehr unter einem Altar der Kirche feines Ordens. Erft
in feiner Todesftunde geftand er feinen Ordensbrüdern; welclT einen Schatz ihre
Kirche befäfse.
Aufser den betreffenden Sculpturen der ^Arcaa ift wahrfcheinlich noch ein
bedeutendes Werk feiner Hand aus dem Jahre 12/0 auf uns gekommen. Es giebt
nämlich alte Nachrichten; nach welchen die Kanzel in der Kirche S. Giovanni
fuor civitas zu Pistoja in dem genannten Jahre von einem Künftler Namens Gug-
lieimo gefertigt worden; und es ift fehr wahrfcheinlich; dafs diefer Guglieimo mit
dem Dominicaner Laienbruder identifch ift. Jedenfalls haben wir es mit einem
Werke zu thuii; welches der Kunft Niccolo's fehl* nahe fteht. Die Kanzel lehnt
fleh an die Wand und enthält an ihrer dreifeitigen Brüftung; welche auf zwei von
Löwen getragenen Säulen ruht; zehn Reliefbilder aus dem Leben Jefti und Mariä.
Der Stil diefer Reliefs fteht demjenigen der Kanzel zu Pifa iniofern näher als
\ demjenigen der Sienefer Kanzel; als hier wieder vielfach antike Anklänge anzu-
treffen find; mehrfach wird man an das antike Zeus- und Hera-Ideal gemahnt.
Bei der Fufswafchung haben die Apoftel echte Römerköpfe; an deren Bärten man
wieder vielfach die Spuren des Bohrers wahrnimmt. Die Engel; welche in der
Darftellung der Himmelfahrt Chrifti die Mandorla emportragen; erinnern entfchie-
den an die fliegenden Victorien antiker Triumphbogen. An Lebhaftigkeit des
Ausdrucks aber übertreffen die Darftellungen meift diejenigen in Pifa und ftehen
 
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