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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Andrea Orcagna: geb. in Florenz 1308?, gest. 1368?
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0174

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Andrea Orcagna.

Geb. in Florenz 1308?; geft. 1368?
Während die feneffche Malerlchule die oben gefchilderten Entwickelungs-
hadien durchlchritt, ging die forentinilche Malerei im 14. Jahrhundert zunächft
in den Fulstapfen GiottoT einher. Dieser Genius hatte in der That der Kunf
feiner Heimath für viele Jahrzehnte die Richtung gegeben. Er fchlug mit feinen
Malereien einen Ton an, welcher das Herz feines Volkes berührte, er redete zu
feinen Landsleuten gleichfam in der Volksfprache und rief fo eine tiefgehende
Begeiferung für die Kunft wach, welche bald ganz Italien erfafste. Und mit
diefer Begeiferung drang auch Giotto's Stil in immer weitere Kreife. Ist der
dauernde Einfufs feiner Werke zunächf des Meisters gewaltiger Begabung zu
danken, fo mufs doch betont werden, dals der aufserordentlichen Verbreitung
feines Stiles die damals noch vorherrfchende Auffaffung von den Zwecken und
Zielen der Kunf fowie die Art und Weife, wie diefelbe gelehrt und ausgeübt
wurde, Vorfchub leifete.
Es war damals kein Gedanke daran, dafs man in jedem neuen Kunfwerke
auch eine neue Compoftion fehen wollte, wie dies heute der Fall if; in jener
Zeit hatte vielmehr die Kunf erf foeben begonnen, fch von der traditionellen
typifchen Darfellungsweife der kirchlichen Gegenfände frei zu machen. Giotto
hatte, wie wir uns erinnern, an vielen Stellen die alten Schranken durchbrochen,
aber auch feine Compoftionen zeigten oft die alten Motive und es wird gewils
Niemandem eingefallen fein, ihm daraus einen Vorwurf zu machen.
Die lpeciffch mittelalterliche Auffaffung, wonach die Kunf vor Allem zur
Verbreitung der Kirchenlehre mitzuwirken habe, war noch keineswegs aufgegeben.
Wenn die Maler von Siena fch im Jahre 1355 als »durch die Gnade Gottes
berufene Offenbarer« bezeichnen, »welche den ungebildeten Menlchen, die nicht
zu lefen verfehen, die wunderbaren Wirkungen des heiligen Glaubens zu ver-
kündigen haben«, lo fimmt diele Anfchauungsweife doch noch ganz mit jenem
Rathe überein, welchen beinahe ein Jahrtaulend früher der fnaitifche Mönch
Nilus bezüglich der malerilchen Ausfattung einer Kirche gab: »Der innere Raum
lei, mit Darfellungen' aus der Gefchichte des alten und neuen Tefamentes durch
die Hand eines ausgezeichneten Malers zu verliehen, damit Diejenigen, welche
nicht lefen und allo auch die heilige Schrift nicht leien können, durch Betrach-
tung der Gemälde an die chrifliehe Tugend Derer, welche dem wahren Gotte
 
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