Dohme, Robert: Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts (Leipzig, 1878)

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GIOVANNI PISANO.

erwähnten Symbol des Evangeliften Matthäus) zeigt. Ja,, es ift als hätte Giovanni
gegen Schluls feines Lebens hch mit einem gewiffen Trotz gegen das antike
Schönheitsideal feines Vaters aufgelehnt. Wir haben hier einen jener Kämpfe
zwilchen Realismus und Idealismus, deren die Kunftgefchichte uns fo viele vorführt.
In den Bildern,, welche die Ichon an den früheren Kanzeln dargeftellten
Gegenflände behandeln, ift im Allgemeinen das alte Compohtionslchema beibe-
halten im Einzelnen aber ift die Auffaffung auch hier eine ganz andere. Ein
Vergleich der beiden Abbildungen auf S. 8 und S. 36 wird dielen Unterlchied


Geburt Chrifti. Relief von der ehemaligen Kanzel im Dom zu Pifa.

verdeutlichen. In NiccoloT Geburtslcene Alles gemeffen, grolsartig, kalt, dabei
blühende plaftiiche Formen; bei Giovanni die Körper zum Theil verkümmert,, aber
jede Geftalt voller Leben und Feuer. Wie viel eindringlicher redet hier der
Engel zu den Hirten als dort; mit welcher Theilnahme blickt hier die Mutter
auf ihr Kind., von welchem he die Decke entfernt, während NiccoloT Maria völlig
gleichgiltig aus dem Bilde herauslchaut. Wie eifrig find die Wartfrauen bemüht,
das Bad für das Kind ja gut zuzubereiten! Die Eine fcheint lorglam mit der
Hand die Temperatur des Waffers zu prüfen. Dieles lind aus dem Leben ge-
griffene Züge, die wieder an Giotto erinnern.
Ift diele Aehnlichkeit nur ein Zufall? 111 he dadurch zu erklären, dals beide
Meiftcr Kinder einer Zeit und zwar einer lehr erregten Zeit waren? Hat der