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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Andrea Pisano: Geboren in Pontedera; gest. wahrscheinlich in Orvieto 1349
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0052

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ANDREA PISANO.

die eherne Thür am BaptiRerium zu Florenz,, flammt aber erft aus dem Jahre ißßo.
Damals mufs Andrea hch bereits hervorgethan haben^ da ihm ein Io wichtiges
Werk aufgetragen ward. Sein Ruhm ftieg durch daffelbe gewaltig. ))Als die
Thür von S. Giovanni vollendet war — fchreibt ein damaliger ChroniR — lief
das Volk von ganz Florenz zulammen um diefelbe zu fehen, und die Signoria^
nicht gewohnt den Palaft zu verlaffem, aulser bei grofsen FeRlichkeiten, kam mit
den Gefandten von Neapel und Sicilien^, he einletzen zu leheip und Andrea wurde
zur Belohnung für leine Arbeit mit dem Bürgerrecht zu Florenz belchenkt.a
Ueber AndreaL früheres Leben erfahren wir nichts Zuverlälhges. Nicht unwahr-
Icheinlich ih es^ dals er Anfangs als Gelelle des Giovanni am Dom zu Pifa be-
Ichäftigt war^ dann aber muls er in nahe Berührung mit horentinifcher und Ipeciell
Giotto'lcher KunR gekommen lein^ denn die Reliefs feiner Bronzethür weifen ent-
fchieden auf GiottoL Stil hin. Ja die Verwandtfchaft derfelben mit Giotto's Dar-
Rellungsweife ift lo grofs, dals Vafari nicht umhin konnte^ die hcherlich bloss dar-
aus gefolgerte Behauptung auszulprechen^ Giotto habe die Zeichnung zu dielen
Reliefs geliefert. Hatten wir zwilchen Giovanni Pilano und Giotto eine gewiffe
Aehnlichkeit bezüglich der Lebhaftigkeit der Schilderung wahrgenommen, fo liegt
die Uebereinhimmung zwilchen Andrea und Giotto mehr in der Richtung auf die
Gelammtcompohtion.
Wenn wir an AndreaL Reliefbildern im Gegenlatz zu der Ueberfüllung der
Kanzelreliefs feiner Pilanifchen Vorgänger das RrengRe Maafshalten in der An-
zahl der Figuren antreffen lo wird darin ein heillamer Einhuls GiottoL anzu-
nehmen fein; denn diele Mälsigkeit, dieles Fernhalten alles Ueberhülfigen^ diele
künRlerilche Lapidarlchrift^, wenn ich mich lo ausdrücken darf^, welche nur das
Nothwendige^ diefes aber auch ganz giebt, iR ja ein wefentliches Merkmal
Giotto'lcher Kunft. Der mit feinem Kunfthnn ausgeftattete Andrea wird es em-
pfunden haben^ dals diefe kurze Ausdrucksweile hch ganz befonders für das Re-
lief eignete. Den Beweis dafür hatte übrigens ja auch fchon Niccolo mit leinen
Darftellungen am Brunnen zu Perugia geliefert ^ welche ich als eine Vorftufe zu
Andrea's Reliefs bezeichnen möchte.
Von grofsem Intereffe ift der Vergleich von AndreaL Thür mit der an dem-
lelbcn Gebäude befindlichen zweiten Thür GhibertiL; welche die altteftamenta-
rifchen Gegenftände behandelt. Bei Ghiberti ift nichts mehr von der Befangen-
heit in der Darftellung der menlchlichen Figuren^ wie wir he bei Andrea noch
vielfach antreffen. In bewundernswerther Weife hat er den menlchlichen Körper
in den fchwierigften Stellungen und lebhafteften Bewegungen zu behandeln ge-
wufst. Mit grölster Virtuohtät hat er feine zahllofen Figuren in den verfchie-
denften Graden der Reliefhöhe auf die fcheinbar hch vertiefenden Flächen ge-
bracht und die letzteren mit Landlchaften und Architekturen in aller Ausführlich-
keit ausgeftattet. Immer wieder aber kommt dem Belchauer der Gedanke: Wie
ichade; dals Ghiberti nicht zu Pinlel und Palette griff. WelclR herrliche Gemälde
belafsen wir dann von ihnr, während leine Reliefs bei alh ihrer Trefflichkeit doch
zu lehr an Virtuofenkünfte erinnern!
Dem gegenüber nun bei Andrea die Schlichtheit echteften Reliefftils. Die
wichtigften Momente aus der Legende Johannis des Täufers werden auf zwanzig
Tafeln dem Belchauer in Erinnerung gebracht. Manche der Bilder, wie ^Zacharias
und der Engel^ die BHeimMchung^ die ))Taufe ChriftL_, Mas Haupt des Johannes
 
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