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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Giotto: geb. in Vespignano 1276, gest. in Florenz 1336
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0066

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GIOTTO.

mentar: Giotto habe die neue Kunft begründet, er habe die Rohheit der Griechen
verlaffen, in der Kunft habe er das gefehen, was die Anderen nicht erreicht
hätten. Giottoß bahnbrechende Bedeutung, feinen Bruch mit der byzantinifchen
Kunft hatte auch lchon der Maler Cennino Cennini, der als Schüler des Agnolo
Gaddi mitten drinn ftand in den Giottesken Traditionen, vor Alleny wie es lcheint,
nach der technifchen Seite hin betont: ))Giotto habe die Kunft zu malen aus dem
Griechifchen ins Lateinilche verwandelt und habe he zum Modernen geleitet. Er
habe die Kunft in einem Maafse vervollkommnet, wie fonft Niemand.K Auch Leon
Battifta Alberti gedenkt in feiner Schrift über die Malerei unteres Meifters. Er
nennt ihn allein unter allen neueren Malern neben den großen Meiftern des Alter-
thums, Zeuxis, Apelles, Timanthes, und erwähnt leines Ruhmes als Darfteller er-
greifender Gemüthsbewegungen.
Ich führe diele Urtheile über Giotto an, nicht weil ich he für erlchöpfend
halte, londern weil he zeigen, wie man lchon früh erkannte, daß man hch hier
einer ganz außerordentlichen Erlcheinung gegenüber behnde, ja mehr, daß Giotto
ein neues Princip in die Kunft eingeführt habe, dals er an der Spitze einer neuen
Entwicklungsepoche der Kunft ftehe.
Wären doch nur auch die Nachrichten über das Leben Giottoß in einer
dielen bewundernden Auslprüchen einigermaaßen entlprechenden Fülle auf uns
gekommen! Statt deffen ift die Hauptquelle für feine Biographie eine lehr trübe.
Valari hat in feinem Capitel über Giotto nicht weniger gefabelt als in feinen lon-
ftigen Künftlerbiographieen. So werden wir denn in der Lebenslkizze, die wir
hier zu geben haben, genau unterlcheiden müffen zwilchen den wenigen hcher
beglaubigten Thatlächen und den anekdotenhaften Berichten Valariß und einiger
anderer Schriftfteller.
Giotto wurde in dem nahe bei Florenz gelegenen Dorfe Vespignano, nach
Valari im Jahre 1276, geboren und trat, wie es lcheint, lchon früh zu dem
berühmten Maler Cimabue* in die Lehre. Ghiberti berichtet Folgendes über
Giottoß Kindheit: »Es wurde ein Knabe von bewundernswerthem Geilte (in Ves-
pignano) geboren, welcher hch ein Schaf nach der Natur abzeichnete. Als der
Maler Cimabue auf der Straße nach Bologna wanderte, läh er den Knaben an
der Erde fitzen und ein Schaf auf einen Stein zeichnen. Das Kind erweckte in
ihm die größte Bewunderung, weil es in Io frühem Alter Io Gutes leiftete. Da
er Iah, daß dem Knaben die Kunft angeboren fei, fragte er ihn nach feinem
Namen. Er antwortete und fagte: Ich werde Giotto genannt, und mein Vater
hat den Namen Bondone und wohnt in diefem Haule, welches hier nebenan ift... .K
xCimabue bat nun den Vater, ihm den Knaben zu übergeben, und der Vater,
welcher fehl* arm war, trat ihm denlelben ab; und Cimabue führte Giotto mit hch
weg, und er wurde Cimabueß Schüler.^
Hatte man im 15. Jahrhundert wirklich lo genaue Kunde über dieles Ereig-
nifs in Giottoß Leben, oder haben wir es hier mit einem der vielen Producte der
mythenbildenden Phantahe zu thun, die fo gern und früh berühmte Namen der
Vergangenheit mit ihren luftigen Gelpinnften umzieht? Ich glaube, das Letztere ilt
der Lall, denn die Erzählung Ghibertiß trägt ganz den Charakter jener Anek-
doten, an denen die Künftlergelchichte von jeher fo reich gewefen ift. Eine ganz
ähnliche Begebenheit wird uns von Valari aus der Kindheit des Malers Domenico
Beccafumi erzählt.
 
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