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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Giotto: geb. in Vespignano 1276, gest. in Florenz 1336
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0107

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SEIN VORGÄNGER CIMABUE.

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Es wäre ungerecht; bei der Beurtheilung der durch Giotto in die KunR ge-
brachten Fortfehritte der Errungenlchaften feiner nächRen Vorgänger nicht zu
denken. Vor Allem kommt hier die Kund des Cimabue in Betracht.
Es nimmt uns nicht Wunder; dafs man im Renaihance-Zeitalter,, befonders
im 16. Jahrhundert; die fchlechteRe Meinung hatte von der italienifchen Kunft:
vor Giotto. Man Rand auf fo ganz anderem Boden als derjenige war; aus dem
die mittelalterliche Kunft: erwuchs. Einerfeits nahm man die Antike und die
Natur zum Ausgangspunkte; welchen beiden die Kunft in jenen früheren Jahr-
hunderten ftark entfremdet war; anderer feits war man im Zeitalter des Huma-
nismus; felbft da; wo die Kunft im Aufträge von Kirchenfürften ausgeübt wurde;
lehr unkirchlich; während im Mittelalter die Kunft einen ftreng kirchlichen Cha-
rakter gehabt hatte.
So hören wir denn Valari darüber klagen; da,fs feit den Zeiten Conftantirfs
und Gregor's des Grofsen die Kunft in Folge der Zerftörung der antiken Tempel
und Denkmäler in Italien in fo gänzlichen Verfall gerathen wäre; dafs Sculptur
und Malerei io gut wie völlig untergegangen feien. Nur griechifche Meifter
hätten noch diefe Künfte in den italienifchen Städten in ihrer rohen und Rümpfen
Weife betrieben; bis dann um die Mitte des 13. Jahrhunderts Giovanni Cimabue
Mer Malerei das erRe Licht gegebene
))Aus einer adligen Familie Rammend; war der Knabe; deffen fchoner und
fcharfer VerRand vom Vater und von Anderen erkannt worden; zu einem Lehrer
in Sta. Maria NovelH; der fein Verwandter war und damals den Novizen jenes
Conventes Unterricht in der Grammatik gab, gefchickt worden; damit er fich in
den Wiffenfchaften übte. Aber Cimabue; Ratt dem Lernen obzuhegen; verbrachte
den ganzen Tag; als wäre er von der Natur dazu hingezogen worden; mit dem
Malen von Menfchen; Pferden; Gebäuden und verfchiedenen anderen PhantaRen
in Bücher und auf andere Blätter. Diefem natürlichen Hange war das Glück
günRig; denn die damalige Regierung von Florenz hatte aus Griechenland
einige Maler berufen; damit Re in Florenz die eher verlorene als verirrte KunR
wieder iiPs Leben riefen. Diefe hatten damals .... die Capelle der Gondi aus-
zumalen begonnen .... Hierher flüchtete Cimabue oft aus der Schule und fall
den ganzen Tag der Arbeit diefer MeiRer zu.K Nun erkennen der Vater und die
Maler fein Talent und erwarten von ihm rechtfchaffene Erfolge in der KunR.
Zu feiner nicht geringen Befriedigung ward er nun jenen Malern anvertraut. Bei
fortgefetzter Uebung half ihm in kurzer Zeit fein Talent in folchem Maafse; dafs
er iowohl in Zeichnung als auch in Colorit die Manier feiner LehrmeiRer weit
überragte .... Obgleich er jene Griechen nachahmte; vervollkommnete er die KunR
fehl*; indem er einen grofsen Theil ihrer rohen Manier aufgab.
Diefe biographifchen Mittheilungen des Valari Rnd wieder durchaus novelli-
Rifcher Natur; oder mit anderen Worten: wir haben entweder eine ErRndung
Vafarfs oder eine ältere; durchaus lügenhafte Tradition vor uns. Das ErRere iR
wahrfcheinlicher; denn die Erzählung von dem Unterricht; den der junge Cimabue
bei griechifchen Malern genoffen haben fbll; entfpricht ganz Vafarfs Auffaffung
von der älteren Malerei in Italien. Wir iahen ja; dafs er der Meinung war; in
den dunklen Jahrhunderten vor Cimabue und Giotto hätten nur griechifche Maler
die armfeligen ReRe der KunR in Italien aufrecht erhalten.
Nun iR aber wieder einmal unwiderlegbar erwiefen; wie tollkühn Vafari in
 
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