Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

DOI article:
Dobbert, Eduard: Duccio: geb. vor 1270, gest. nach 1320
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0132

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
'4

DUCCIO.

Kriegsknechtes führt, die ungeheure Aufregung des Moments und den heftigen
Charakter des Apoftels! An diefer Steile nun erlcheint Duccio feiner Aufgabe
nicht gewachfen; er läfst Petrus dem Malchus das Ohr mit einer Bedächtigkeit
abfchneiden, als handle es hch nicht um den plötzlichen Ausbruch eines leiden-
lchaftlichen Naturells, londern um eine nach Uebereinkunft vorgenommene Ope-
ration. Dieles Beifpiel mangelnder Energie der Handlung fteht nicht vereinzelt
da^ es hängt vielmehr mit der ganzen Art von Duccio's Begabung eng zulammen.
Er war eben eine vorwiegend lyrifch angelegte Natur,, es gelingt ihm wohl auch hier
und da die Darftellung lebhaft bewegter Situationen; im Allgemeinen aber liegt
ihm das Dramatifche ferner und kommt ihm nicht recht aus dem Herzen. Es
fehlt ihm das Feuer; welches Giotto aus feinem eigenen Innern unmittelbar in
leine Gehalten dringen läfst. Während GiottoN Figuren keine Bewegung machen;
die nicht aus der Totalität ihres Charakters zu hrömen Icheint, lind die Bewe-
gungen Duccio'fcher Gehalten keineswegs immer die nothwendige; von felbh hch
ergebende Folge eines innern Vorganges; der den ganzen Organismus beherricht,
he haben bisweilen etwas Conventionelles und erinnern uns; freilich in den un-
günhighen Fällen; etwa an Anfänger in der Schaufpielkunh; welche diele oder
jene Handbewegung machen, nicht weil he diefelbe als nothwendig empfinden;
londern weil he es so gelehrt worden lind oder den betreibenden Gehus An-
dern abgelehen haben. So herrfcht denn auch in den Armbewegungen und
Handhaltungen der Duccio^fchen Figuren eine groise Einförmigkeit. Häuhg
holst man bei ihm auf eine Haltung der von dem Gewände entweder ganz
oder zum grolsen Theil bedeckten Arme; welche an antike Mantelhguren er-
innert und ohne Zweifel durch Vermittelung der byzantinischen Kunh auf ihn
gekommen ih.
Auf dem folgenden Bilde lieht man; wie Petrus leinen Meiher zum erhen
Mal verleugnet; eine Darftellung von httenbildlichem Intereffe. In dem Vorhofe
von Hannas^ Wohnung; zu welcher im Hintergründe eine Treppe hinanführt;
htzen um ein am Boden brennendes Feuer mehrere Männer; darunter Petrus;
einige halten ihre Hände über dem Feuer; um he zu erwärmen; Petrus hat auch
die Fülse nach dem Feuer zu ausgehreckt; lowie leine linke Hand; mit der
rechten aber macht er ausdrucksvoll eine abwehrende Bewegung nach der Magd
hin; welche mit weitausgehreckter Hand auf ihn hinweift und lo die berühmte
Frage aufs kräftigfte verkörpert: xBift du .nicht auch dieles Menfchen Jünger
Einer?« Die Furcht; welche den Apoftel in diefem Moment ergriffen hat; ift
trefflich charakterihrt; die Anordnung der Figuren im Raume ift durchaus glücklich
zu nennen. Petrus ift; ohne dals es hch irgend als abhchtlich dem Befchauer
aufdrängt; in die Mitte des Bildes geletzt und die übrigen zum Theil mifstrauilch
auf ihn blickenden Männer find in ungezwungenfter Weile um ihn gruppirt.
Die Gerichtsfcenen hat Duccio mit grolser — ja etwas ermüdender — Aus-
führlichkeit gefchildert. Zuerft fteht Chriftus mit gebundenen Händen; von Krie-
gern und Dienern; deren einer den Arm erhebt; um ihn zu lchlagen, umgeben,
vor Hannas. Nach dem früher Getagten braucht kaum mehr erwähnt zu werden,
dals die Schilderung des voller Demuth in fein Schicklai ergebenen Jelus dem
Ktinftler viel beffer gelungen ift, als diejenige des Dieners, deffen Handbe-
wegung nicht recht glaubhaft und unmittelbar wirkt. Ganz feinem byzantinilchen
Mufter gemäfs ift es, wenn Duccio hier wie auf mancher der andern Tafeln eine
 
Annotationen