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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Simone Martini: Geb. um 1283; gest. in Avignon  im Juli 1344
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0140

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SIMONE AIARTINL

fchliefsen, fei es nun, dafs diefer unmittelbar lein Lehrer gewefen, oder dafs
Simone hch deffen Werke zum Muher genommen.
Die erfte der auf uns gekommenen ficher beglaubigten Arbeiten Simonens
ift das Frescogemälde, welches eine Wand des Saales des grofsen Rathes im
öffentlichen Palahe zu Siena fchmückt. Simone hat es im Jahre 1315 gemalt und
fechs Jahre darauf reftaurirt. Leider hat die durchgefchlagene Feuchtigkeit dem
Bilde lehr gefchadet. Doch ift fb viel davon übrig geblieben, um ein Urtheil
über die Kunhweife des Meifters zu geftatten.
In der Mitte des Bildes (S. 23) gewahren wir Maria mit dem auf ihrem Knie
flehenden Chriftkinde innerhalb eines in gothiichem Stil reich verzierten Thron-
baues; rechts und links vom Throne eine Schaar von verehrenden Heiligen und
Engeln, fünfzehn auf jeder Seite. Von dielen halten acht männliche Heilige, darunter
Petrus, Paulus, Johannes der Täufer und Johannes der Evangelift, die Tragftäbe
des Baldachins, welcher lieh faft über die ganze Scene breitet. Im Vordergründe
knieen fechs Gehalten: zwei einander entiprechende Engel, welche Blumenkörbe
emporhalten, und weiter nach links und rechts die vier Schutzheiligen der Stadt,
Anfanus und Savinus, Crefcentius und Victor. Von den übrigen Gehalten erkennt
man noch die Heiligen Katharina, Agnes, Urfula und Maria Magdalena an ihren
Attributen: dem Rade, Lamm, Pfeil und Salbgefäfs. Von den aufrechthehenden
vier Engeln hält einer (Gabriel) einen Lilienhengel, ein anderer eine Vale. Die
Figuren find in mehreren Reihen hinter einander angeordnet, wobei im Allge-
meinen die Regel befolgt ih, dafs die Gehalten, refp. die Köpfe der hinteren
Reihen in den Lücken zwilchen den Figuren der vorderen zum Vorfchein kommen.
Der Künhler hat hch die Anordnung in aufeinander folgenden Reihen dadurch
erleichtert, dafs er den Boden hufenweife fanft anheigen läfst. Die bei dergleichen
figurenreichen Ceremonienbildern hch fb leicht einhellende Einförmigkeit hat er
dadurch zu vermeiden gewufst, dafs er in die Gröfse der Zwifchenräume eine
leichte Verfchiedenheit gebracht und die Gehalten einer und derfelben Reihe nicht
eine fortlaufende horizontale Linie bilden läfst, fbndern die letztere wiederholt
verfchiebt. Sehr hreng aber entfprechen einander die beiden Seiten der Com-
pohtion. Trotz der grofsen Zahl der Gehalten erhalten wir nicht den Eindruck
eines Gedränges. Die Figuren haben im Allgemeinen Raum genug, um eine ihrem
Wefen entiprechende Stellung einzunehmen.
Maria ih eine anmuthige Erlcheinung. Ihr fanft zur Seite geneigter Kopf
zeigt jenen wehmtithig milden, innigen Ausdruck, wie wir ihn an der Duccio^fchen
Madonna kennen lernten, doch hat hch in Simonens Geihe der Madonnentypus
um ein Bedeutendes verjüngt und kommt fb dem Madonnenideal der Renaiffance-
zeit viel näher, wenn auch das Matronenhafte noch nicht völlig verfchwunden
ih. Liebevoll hat Maria den Knaben umfafst, der mit dem ernhen Blicke feiner
Augen nicht ganz fb kindlich erlcheint, wie bei Duccio. Auch ih hier wieder
das Motiv des Segnens zur Anwendung gebracht. Wahrhaft holdfelige Gehalten
find die knieenden Engel. Mit wie warmer Begeiherung im Blicke reichen he
der Madonna ihre Blumen hin! Diele beiden Köpfe wären bereits eines Lionardo
oder Raffael würdig. In dem jugendlichen Crefcentius, wie er fromm nieder-
gekniet ih, die Rechte betheuernd an die Brüh drückt und liebevoll zur Maria
emporblickt, fpricht hch zartehe Hingebung aus. Andächtig betend hat Victor
die Hände zufammengelegt. Ganz in den Anblick der Maria verfunken erlcheinen
 
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