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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Fra Giovanni Angelico da Fiesole: geb. in der Nähe des Schlosses Vicchio 1387, gest. in Rom 1455
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0213

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FRA GIOVANNI ANGELICO DA FIESOLE.

Itölst, trotz des auch hier nicht ganz naturwahr gegebenen Gehens, recht lebhaft
bewegt erfcheint, liegt über dem Greife, der den Märtyrer am Mantel ergriffen,
wieder eine Ruhe, die hier durchaus nicht am Platze ift und uns an die Grenze
von FiefoleL Begabung mahnt.
Das letzte Bild der Reihe Bellt die Steinigung dar. Der knieende Märtyrer
hat die Hände erhoben und blickt, in lein Schickfal ergeben, wie vergeiftigt
empor.
Die Laurentius-Bilder heben, wie die eben belprochenen, auch wieder mit
einer feierlichen Darltellung, nämlich der Ordination dieles Heiligen durch Papft
Sixtus, an. Der Vorgang ilt in das Innere einer Kirche verlegt und trefflich in
dielen Raum hinein componirt. In der Mitte kniet der demlithige Jüngling vor
dem thronenden Paplte, der im Begriff ilt, ihm Kelch und Patene zu reichen.
Freundlich blickende Geiftliche und Kirchendiener bilden den Hintergrund der
Handlung.
In dem zweiten Bilde wird uns gezeigt, wie dem knienden Laurentius vom
Paplte die Kirchenfchätze zur Aufbewahrung anvertraut werden.
Es folgt die Almolenlpende: lahme Bettler Itrecken flehend ihre Hände
nach der Gabe aus, die der in der Mitte ruhig daltehende Heilige gütigen
Blickes 1p endet.
Ich deutete bereits bei der Predigt des Stephanus und der Ordination des
Laurentius einen Fortlchritt in der Architekturmalerei an, wiq wir ihn bei Fielole
kaum erwarten durften. Auch in dem Bilde der Almolenlpende ilt der Hintergrund
ganz in dem Sinne jener modernen Architekturmalerei gegeben, wie wir lie bei den
herrfchenden Meiltern der Frtihrenaiffance antreffen. Auch hier nämlich blicken
wir in das Innere einer Kirche: zwei korinthifirende Säulenreihen ziehen lieh auf
eine Apfis zu, welche oben mulcheiartig abfchliefst. Hier ift nichts mehr von
jener bloss andeutenden Behandlung der Bauwerke wahrzunehmen, die wir bei
Giotto und feiner Schule und auch noch bei Fielole antrafen; hier herricht viel-
mehr ein der Wirklichkeit entfprechendes Verhältnifs zwilchen Figuren und
Raum. Wenn wir nun in den Malereien Benozzo Gozzolfs eine ganz ähnliche
Dispofition architektonilcher Motive, ja zum Theil völlig übereinltimmende Bau-
formen antreffen, wenn wir ferner erfahren, dals Gozzoli bei den weiter unten
zu erwähnenden Malereien FiefoleL in Orvieto, welche kurz vor die Ausmalung
der Nicolaus-Capelle fallen, als feimHauptgehülfe, ja als lein Genoffe (BConsocius«
wird er in der betreffenden Urkunde genannt) thätig war, und wenn lelblt in einigen
figürlichen Darltellungen der römilchen Capelle, Io z. B. in den Kindern des zu-
letzt genannten Laurentiusbildes, eher Anklänge an GozzoliTche als an frühere
Fielolehche Typen lieh geltend machen: fo ilt die Muthmalsung wohl nicht zu
kühn, dals Benozzo Gozzoli feinem Meifter auch in Rom geholfen und diefer ihn
namentlich mit der Fertigung der architektonilchen Hintergründe betraut habe.
Was bei dem damals lechzigjährigen Fielole einen Bruch mit feiner künltlerilchen
Vergangenheit bedeutete, konnte auf den, innerhalb der Renaiffance-Beltrebungen
aufgewachlenen dreiundzwanzigjährigen Benozzo Gozzoli bereits als Gemeingut
diefer Epoche übergegangen lein.
Die beiden letzten Bilder lind dem Martyrium des Heiligen: feiner Verurthei-
lung und feinem Tode gewidmet. Wir lehen Laurentius mit auf dem Rücken
zufammengebundenen Händen vor dem Kailer Decius. Unerfchrocken, ja begeiftert
 
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