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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Bode, Wilhelm von: Antonio Rossellino: geb. in Florenz  1425; gest. nach 1478
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0335

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DIE FLORENTINER MARMORBILDNER.

Wenn wir damit das Bild des Künftlers vergleichen, wie es uns aus feinen
Werken entgegentritt, fo follte man faft meinen, Vafari hätte daraus den Cha-
rakter des Menfchen conhruirt: fo heiter lächeln uns feine Gehalten an, fo hold-
felig Und he in ihrer Erfcheinung! Antonio ih in diefer wie in jeder Beziehung
der treue und würdige Nachfolger Deftderio's, wenn auch muthmafslich fein
älterer Bruder Bernardo feine erhe Ausbildung geleitet hat. Im Gegenfatz zu
diefem ih er nur nebenbei als- Architekt thätig und fo gut wie ausfchliefslich
Bildhauer und zwar ein trefflicher Bildhauer, jedoch mit einem fo ausgefprochen
malerifchen Sinne, wie kein anderer feiner Zeitgenoffen, fowohl in der An-
ordnung und Compofition feiner Reliefs als in der Verkürzung und Unter-
fchneidung feiner Figuren. Leichte und reiche Gehaltungskraft, frifcher Naturalis-
mus, verbunden mit dem behen Gefchmack und dem feinhen Sinn für Schönheit
der Form wie der Bewegung, und die höchhe Vollendung in der Bearbeitung des
Marmors zeichnen feine Schöpfungen gleichmäfsig aus.
Das frtihehe urkundlich beglaubigte Werk Antonio's, der 1427 zu Florenz
geboren wurde und im Jahre 1478 dafelbh noch am Leben war, ih die von 1456
datirte Marmorbühe des Arztes Giovanni di San Miniato im South Kenhngton
Mufeum zu London, ein Werk von aufserordentlich lebensvoller Charakterihik und
bereits durch die volle Meiherfchaft in der Behandlung des Marmors ausgezeichnet.
Einige Jahre darauf erhielt Antonio den Auftrag zu feinem bekannten Hauptwerke,
dem Grabmal des Kardinals Johann von Portugal, der als horentinifcher Ge-
fandter am fpanifchen Hofe in Florenz 1459 jung und allbeliebt plötz-
lich gehorben war. Der beihehende Holzfchnitt zeigt, wie hier wieder in
ganz neuer, der Architektur der reizenden Kapelle, deren Entwurf gleich-
falls auf Antonio zurückgeht, entfprechender Weife die alte Aufgabe in jeder
Beziehung bewunderungswürdig gelöh worden ih. In einer mit flacher
Wand abfchliefsenden Nifche, vor welcher beiderfeits ein fchwerer Vorhang,
deffen Muher im Marmor durch Farbe und Vergoldung wiedergegeben ih,
zurückgefchlagen ih, heht frei auf hohem originellen Unterbau das Paradebett,
auf welchem die fchöne Gehalt des jungen Kardinals, mit heiterem Frieden im
Antlitz, ruht. Zwei nackte Genien, die zur Seite htzen, halten die Zipfel des
Bahrtuches. Ueber der Figur des Todten, auf dem Gefims an der Rückwand kniet
beiderfeits ein jugendlicher Engel von entzückender Bildung, Krone und Palme
in den Händen. Oben im Halbrund der Wand ih ein Medaillon mit dem Relief
der Madonna angebracht, das zwei Engel fchwebend tragen. Von gleicher Meiher-
fchaft wie die figürlichen Theile ih auch die Erfindung und Durchbildung der
Decoration, namentlich am Sockel.
Welchen Anklang diefes Grabmal fchon zu feiner Zeit fand, geht namentlich
aus dem Umhande hervor, dafs Rohellino bald nach Vollendung deffelben, (die
Kapelle, in welcher fleh das Grabmal befindet, wurde laut Infchrift am 11. Octo-
ber 1467 — neuen Stils — geweiht) einen Auftrag auf eine Wiederholung er-
hielt. Antonio Piccolomini, Herzog von Amalh, war der Beheller, welcher feiner
1470 verdorbenen Gattin Maria d'Aragona, Tochter Königs Ferrante von Neapel,
ein würdiges Denkmal in der Kirche Montoliveto zu Neapel zu fetzen wünfchte.
In der Anordnung wie in den Haupttheilen ih daffelbe mit dem Grabmal des
 
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