ZEICHNUNGEN FÜR DEN KUPFERSTICH. TAFELBILDER.
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wefen fein, die er zum Dante gemacht; denn man fchreibt die KupferFiche der
florentinifchen Danteausgabe von 1481 der Zeichnung nach alle, einige aber auch
dem Stiche nach unterem Künftder zu. Sandro war aifo auch einer der älteften
Kupferftecher, ohne dafs er fich in deren Kunft befonders ausgezeichnet hätte,
wogegen feine Zeichnungen ihrer charaktervollen Beflimmtheit und Sauberkeit
wegen von anderen KupferFechern fehr gefucht wurden. Aber nicht nur den
Dante hat Botticelli illuFrirt; ich habe fchon erwähnt, dafs er auch einen kleinen
Cykius von Tafelgemälden, welche eine Novelle Bocacccio's illuftriren, angefertigt.
Endlich fcheint eine lange griechifche Infchrift auf einem in England befindlichen
eigenthtimlichen Gemälde, welches darFellt, wie bei der Geburt Chrifli jubelnde
Engel die Menfchen umarmen, Teufel fich verkriechen, dafür zu fprechen, dafs
der Künftder auch die griechifche Sprache verbanden habe, wenngleich es un-
wahrfcheinlich ifd, dafs er die ganze Infchrift felbft verfertigt. Uebrigens beweift
fchon die beträchtliche Anzahl der Bilder, deren Gegenfdand Botticelli dem
klaffifchen Alterthume entlehnt, feine Kenntnifs der antiken Schriftfdeller; wie
überhaupt die grofse Verfchiedenheit der von ihm gewählten Stoffe, eine Ver-
fchiedenheit, wie fie kein Künfdler vor ihm aufzuweifen hat, von der Vielfeitig-
keit feiner geifdigen Bildung zeugt.
Ueber die grofse Anzahl der erhaltenen Gemälde von Sandro's Hand, welche
in allen Galerien zerftreut find, ohne dafs fie fich leicht an befdimmte Lebens-
jahre des Meifders anknüpfen liefsen, müffen aber jetzt noch einige Bemerkungen
gemacht werden. Bei der mangelnden chronologifchen Beldimmbarkeit bietet
fich die Verfchiedenheit der Gegenfdände, die fie darftellen, von felbft als An-
haltspunkt für ihre Eintheilung dar. Mafaccio und Lippi hatten nur chriftliche
Mythen bearbeitet; die begeifderte Hinzunahme antiker Stoffe fcheint von der
Paduanifchen Schule ausgegangen zu fein. Botticelli aber war der erfde Floren-
tiner, der diefe Richtung mit Erfolg cultivirte. Er malte altteftamentarifche Ge-
fchichten und chriftliche Bilder, aber er malte auch heidnifche Mythen und
modernen Dichtern entnommene Scenen, freie Allegorien und Porträts.
Was zunächft die religiöfen Gemälde Botticelli's anbetrifft, fo ftehen diefe
fowohl der Anzahl wie der Schönheit nach doch voran. Auf die Gemälde der
Verfuchung Chrifti und des Todes und der Himmelfahrt Mariae will ich nicht
zurückkommen. Von grofsen Compofitionen ift hier vor allen die grofse Krönung
Mariae in der Akademie von Florenz (Saal d. gr. Gern. No. 47) zu nennen, ein
überhöhtes, oben im Halbkreis gefchloffenes Bild, das fchon durch diefe Geftalt
in einen Gegenfatz tritt zu dem breiten Bilde Fra Filippo's, welches denfelben
Gegenftand behandelt. Die Scene ift hier wieder in den freien Himmelsraum
verlegt. Der Gottvater im päpftlichen Ornate erinnert gleichwohl an diefelbe
Geftalt des Karmelitermönchs; die Madonna aber, welche mit verfchränkten
Händen in tieffter, ernftefter Demuth vor dem Höchften kniet, ift eine echt
Botticelli'fche Geftalt. Sehr charakteriflifch für unferen Meifter find auch die
Engel, die im Himmel um die hochheilige Scene, Rofen Freuend, ihren Reigen
tanzen in zierlich aber etwas manierirt gefalteten und wallenden Gewändern.
Unten Fehen in oFener, einfach gehaltener Landfchaft vier ehrwürdige Heilige
mit ausdrucksvollen Charakterköpfen und grofsartigem Wurfe der Gewänder.
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wefen fein, die er zum Dante gemacht; denn man fchreibt die KupferFiche der
florentinifchen Danteausgabe von 1481 der Zeichnung nach alle, einige aber auch
dem Stiche nach unterem Künftder zu. Sandro war aifo auch einer der älteften
Kupferftecher, ohne dafs er fich in deren Kunft befonders ausgezeichnet hätte,
wogegen feine Zeichnungen ihrer charaktervollen Beflimmtheit und Sauberkeit
wegen von anderen KupferFechern fehr gefucht wurden. Aber nicht nur den
Dante hat Botticelli illuFrirt; ich habe fchon erwähnt, dafs er auch einen kleinen
Cykius von Tafelgemälden, welche eine Novelle Bocacccio's illuftriren, angefertigt.
Endlich fcheint eine lange griechifche Infchrift auf einem in England befindlichen
eigenthtimlichen Gemälde, welches darFellt, wie bei der Geburt Chrifli jubelnde
Engel die Menfchen umarmen, Teufel fich verkriechen, dafür zu fprechen, dafs
der Künftder auch die griechifche Sprache verbanden habe, wenngleich es un-
wahrfcheinlich ifd, dafs er die ganze Infchrift felbft verfertigt. Uebrigens beweift
fchon die beträchtliche Anzahl der Bilder, deren Gegenfdand Botticelli dem
klaffifchen Alterthume entlehnt, feine Kenntnifs der antiken Schriftfdeller; wie
überhaupt die grofse Verfchiedenheit der von ihm gewählten Stoffe, eine Ver-
fchiedenheit, wie fie kein Künfdler vor ihm aufzuweifen hat, von der Vielfeitig-
keit feiner geifdigen Bildung zeugt.
Ueber die grofse Anzahl der erhaltenen Gemälde von Sandro's Hand, welche
in allen Galerien zerftreut find, ohne dafs fie fich leicht an befdimmte Lebens-
jahre des Meifders anknüpfen liefsen, müffen aber jetzt noch einige Bemerkungen
gemacht werden. Bei der mangelnden chronologifchen Beldimmbarkeit bietet
fich die Verfchiedenheit der Gegenfdände, die fie darftellen, von felbft als An-
haltspunkt für ihre Eintheilung dar. Mafaccio und Lippi hatten nur chriftliche
Mythen bearbeitet; die begeifderte Hinzunahme antiker Stoffe fcheint von der
Paduanifchen Schule ausgegangen zu fein. Botticelli aber war der erfde Floren-
tiner, der diefe Richtung mit Erfolg cultivirte. Er malte altteftamentarifche Ge-
fchichten und chriftliche Bilder, aber er malte auch heidnifche Mythen und
modernen Dichtern entnommene Scenen, freie Allegorien und Porträts.
Was zunächft die religiöfen Gemälde Botticelli's anbetrifft, fo ftehen diefe
fowohl der Anzahl wie der Schönheit nach doch voran. Auf die Gemälde der
Verfuchung Chrifti und des Todes und der Himmelfahrt Mariae will ich nicht
zurückkommen. Von grofsen Compofitionen ift hier vor allen die grofse Krönung
Mariae in der Akademie von Florenz (Saal d. gr. Gern. No. 47) zu nennen, ein
überhöhtes, oben im Halbkreis gefchloffenes Bild, das fchon durch diefe Geftalt
in einen Gegenfatz tritt zu dem breiten Bilde Fra Filippo's, welches denfelben
Gegenftand behandelt. Die Scene ift hier wieder in den freien Himmelsraum
verlegt. Der Gottvater im päpftlichen Ornate erinnert gleichwohl an diefelbe
Geftalt des Karmelitermönchs; die Madonna aber, welche mit verfchränkten
Händen in tieffter, ernftefter Demuth vor dem Höchften kniet, ift eine echt
Botticelli'fche Geftalt. Sehr charakteriflifch für unferen Meifter find auch die
Engel, die im Himmel um die hochheilige Scene, Rofen Freuend, ihren Reigen
tanzen in zierlich aber etwas manierirt gefalteten und wallenden Gewändern.
Unten Fehen in oFener, einfach gehaltener Landfchaft vier ehrwürdige Heilige
mit ausdrucksvollen Charakterköpfen und grofsartigem Wurfe der Gewänder.