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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Woermann, Karl: Sandro Botticelli: Geb. 1446 in Florenz, † 1510 ebenda
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0418

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PORTRÄTS. RESULTAT.

53

Lucrezia de'Tornabuoni, Lorenzo's Gemahlin darFehe. Unter erhaltenenen Ge-
mälden beanfpruchen drei das Porträt der fchönen Simonetta zu fein. In der
Regel gilt das nüchtern ausgeführte und keineswegs fchöne Bildnifs einer einfach
gekleideten hageren Perfon im Palazzo Pitti für das echte. Ein Londoner Bild, wel-
ches mit demfelben Anfpruch hervortritt und die wHalbhgur eines Weibes, welches
hch mit dem Händen Milch aus den Brüften drückt,« darftellt (Cr. u. C. d. Ausg.
III, S. I//), ift ficher das echte nicht. Das fchöntle foll hch in der Sammlung
Reifet (Cr. u. C. a. a. O.) zu Paris befinden. Das Bildnifs der Lucrezia Torna-
buoni wollte dagegen die Berliner Galerie (No. 81) behtzen; diefes Bild hat in
Anlage und Mache freilich manche Aehnlichkeit mit der f. g. Simonetta des
Palazzo Pitti; aber es theilt auch die Schwächen derfelben. Andere Porträts,
von denen einige von grofser Schönheit Und, können unterem Meifler doch nicht
mit voller Sicherheit zugefchrieben werden.
Nach diefer Ueberhcht über Botticelli's bedeutendfte erhaltene Gemälde
mufs uns die neue und für Florenz geradezu bahnbrechende Vielfeitigkeit des
Meifters klar geworden fein. Auch hatte vor ihm kein Florentiner, Benozzo
Gozzoli etwa ausgenommen, fo reiche und prachtvolle Hintergründe, hatte kein
Florentiner fo lebhafte Bewegungsmotive gemalt, wie er. Nur vermochten die
grofs und einheitlich gedachten Hintergründe doch die Zufammenhanglohgkeit
der figürlichen Compohtionen feiner geltaltenreichen Bilder nicht zu verdecken,
und wufste die Lebhaftigkeit der Bewegungen, welche flets eine gewiffe Hallig-
keit, Gefpreiztheit und Unruhe behielt, nicht zur freien Schönheit hindurchzu-
dringen. Am fchönften bleiben feine ruhigen, fchwärmerifch innigen und doch
fo lebenswahren, hausmütterlichen, von Engeln umgebenen Madonnen. Sicher
ifl Botticelli einer der allerbedeutendflen Erfcheinungen des 1$. Jahrhunderts;
aber gerade deshalb fühlt man ihm gegenüber befonders deutlich, dafs doch
erft ein Lionardo, Rafael und Michel-Angelo die italienifche Kunft auf die höchfte
Höhe ihrer Leiftungsfähigkeit gebracht haben.

Anmerkungen.
1) «Tenuto allora maestro bonissimo," tagt Vafari. Schwerlich wird man mit Crowe und Cavalca-
felle diefes als "the best master" (engl. Ausg. II, S. 415), "der befte Meifter" (deutfche Ausg. III,
S. 157) überfetzen können. Dafs Crowe und Cavalcafelle's Werk mit feinen Notizen aus nicht überall
zugänglichen italienifchen Quellen, eine dankbar benutzte Hauptquelle der hiftorifchen Notizen der
vorftehenden Arbeit bildet, verlieht fleh wohl von felbft. Ernft Foerfter hat in feiner fpäter erfchienenen,
ebenfalls genug des Dankenswerthen enthaltenden Gefchichte der italienifchen Malerei leider manche der
hier angezogenen Dokumente unberüeküchtigt gelaffen.
2) Nach den von G. Milaneti publicirten Dokumenten bei Crowe und Cavalcafelle, dtfeh. Ausg. III,
S, 156.
3) Man vergleiche Herman Grimm's Bemerkungen in feinem Leben Michel-Angelo s, 3- AMI.
I, S. 207 — 209.
4) Man vergleiche Crowe und Cavalcafelle, dtfehe Ausg. III, S. 166, mit Ernft Foerfter, Gefchichte
der ital. Malerei III, S. 327.
5) Dafs die von Lukian befchriebene Verläumdung des Apelles nicht ein Werk des "berühmten
Günftlings Alexanders" fei, ift eine Privatanficht von Ernft Foerfter (Gefch. der ital. K. III, S. 307))
welche von den erften Archäologen nicht getheilt wird. Man fehe z. B Brunn s neueften Auffatz
über Apelles in Jul. Meyer's Künftlerlexikon II, S. 164 und 167.
 
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