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Eder, Josef Maria
Geschichte der Photographie (Band 2) — Halle (Saale), 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.27416#0055

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Expositionsmessung, Bestimmung der Empfindlichkeit photogr. Platten usw. 625

Über die ersten Anfänge, die in Bd. III. 4, 1930 genau historisch beschrieben sind,
wollen wir hinweggehen. Erst mit der Erfindung der Bromsilbergelatineplatte und
ihren sehr verschiedenen Empfindlichkeitsgraden wurde die Empfindlichkeitsmessung
oder Sensitometrie aktuell.

Der erste praktisch brauchbare Empfindlichkeitsmesser (Sensitometer) wai
das von Leon Warnerke 1880 erfundene „Sensitomete r“, das im Jahre 1881
in endgültiger Form von England aus auf den Markt kam *). Es war höchst willkom-
men, weil man damit die Empfindlichkeit der sehr variabel empfindlichen Brom-
silbergelatineplatten mit genügender Genauigkeit nach ihrer Empfindlichkeit klassi-
fizieren konnte. Es bestand aus einer Intensitätsskala mit Tuschegelatine mit
staffelförmigen Feldern und als Normallichtquelle diente eine blau phosphoreszierende
Platte, die von Fall zu Fall mit Magnesiumlicht zum Leuchten gebracht wurde.

Warnerke (s. S. 436) erwies mit seinem Sensitometer der Trockenplatten-
fabrikation und den Photographen einen großen Dienst, weil sie früher den Unsicher-
heiten der Schätzung der Empfindlichkeit hilflos ausgeliefert waren. Damals setzte man
10 Grade des Warnerke - Sensitometers durchschnittlich gleich der Empfindlich-
keit einer nassen Kollodiumplatte. Das in den 80er Jahren kaum erreichte
Ideal für Bromsilbergelatine war eine Plattenempfindlichkeit von der höchsten Nummer
= 25 Grade des Warnerke-Sensitometers; dies entsprach der etwa 60mal größeren Emp-
findlichkeit einer nassen Kollodiumplatte. Die gewöhnlichen Porträtplatten hatten noch
um das Jahr 1890 die mittlere Empfindlichkeit von 20 Graden Warnerke gleich 10 Gra-
den des späteren Scheiner-Sensitometers. Momentplatten wiesen 24 oder 25 Grad
Warnerke (etwa 16—18 Grad Scheiner) auf, was noch um die Wende des 19. Jahr-
hunderts als recht hohe Empfindlichkeit galt. Heute kommen Platten bis etwa 24 bis
25 Grad Scheiner in den Handel, die mehrere lOOmal empfindlicher sind als die nassen
Kollodiumplatten.

Biographie Warnerke’s. Leon Warnerke1) war 1837 in Rußland (nach an-
deren unwahrscheinlichen Angaben in Ungarn) geboren2) und von Beruf Zivilingenieur,
der sich aber vollständig der Photographie widmete. Seine Jugend verbrachte er
in St. Petersburg. Er kam 1870 nach London, richtete sich ein photographisches
und chemisches Privatlaboratorium ein, erfand die Rollkassette mit abziehbarem
Bromsilberkollodium auf Papier (s. S. 531), arbeitete viel über Bromsilberkollodium,
gewann 1877 einen Preis hierfür in Belgien (s. S. 528), erhielt 1881 die Progreß-Medaille
der Royal Photogr. Society of Great Britain und hielt Vorträge in den photographischen
Gesellschaften in England, Frankreich, Belgien und Deutschland; nach Österreich-
Ungarn kam er nie. Ende der 70er Jahre befaßte er sich mit Bromsilbergelatine, fand

1) S. Eder, „Sensitometrie“ (Bd. III, 4, des Handbuches 1930, S. 5).

2) Die Tatsache, daß Warnerke ein geborener Russe war, bestätigte dem
Verfasser Josef Plener ; dieser war ein Pole im zaristischen Russisch-Polen, war
in den seinerzeit gegen Rußland ausgebrochenen Polenaufstand verwickelt, floh als
russischer Emigrant nach London, wo er sich viel mit Photographie befaßte, seine
Zentrifuge für Bromsilber zur Gelatine-Emulsionserzeugung erfand und im Jahre 1882
nach Wien kam, um in Eders Laboratorium zu arbeiten; er gründete dann die Trocken-
plattenfabrik Löwy-Plener in Wien, die zuerst Eders orthochromatische Erythrosin-
platten erzeugte. J. Plener hatte in London viel mit Warnerke persönlich ver-
kehrt, oft in seiner Muttersprache russisch mit ihm gesprochen und ihn immer als
Russen bezeichnet (E.)
 
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