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Eder, Josef Maria
Geschichte der Photographie (Band 2) — Halle (Saale), 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.27416#0152

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722

Einundsiebzigstes Kapitel.

der Kinematograph hervorgegangen ist aus der Vereinigung dreier
Erfindungen, der Erfindung der Zauberlaterne, des Lebensrades und
der Photographie.

Vorgeschichte der neuzeitlichen Kinematographie.

Die Idee der Konstruktion von Kinoaapparaten hatte bereits D u c o s du
H a u r o n im Jahre 1864 im Prinzipe erfaßt, sie kam aber nicht zur Ausführung.
Seine Erfindung wurde nicht publiziert und ihm kann somit kein Anteil an der
Verwirklichung dieser Idee zuerkannt werden.

Ducos du Hauron nahm am 1. März 1864 auf einen Apparat für Be-
wegungsaufnahmen mit optischem Ausgleich ein französisches Patent Nr. 61 976
unter dem Titel: , Appareil destine ä reproduire photographiquement une scene quel-
conque, avec toutes les transformations qu’elle a subies pendant un temps determine“;
ferner ein Zusatzpatent vom 3. Dezember 1864. Die Apparate wurden aber nie aus-
geführt, die Patentschrift gelangte nicht zur Veröffent-
lichung und seine Anordnungen blieben damals unbekannt. Im Zusatz-Patent hatte
er die starren photographischen Platten durch ein lichtempfindliches Band ersetzt.
Zur Projektion der Bilder wurde eine künstliche Lichtquelle mit Kondensator ver-
wendet. Ducos du Hauron war mit seiner Idee seiner Zeit weit voraus. Die
von ihm vorgeschlagene Batterie mit feststehenden Objektiven und vorübergehendem
Verschluß wurde 1867 von Humbert de Molard, und die Anordnung der
rotierenden Objektive des Zusatz-Patentes wurde 30 Jahre später vom Amerikaner
J e n k i n s realisiert, der keine Kenntnis von den Vorarbeiten des Ducos du
Hauron hatte 1).

Einen kräftigen Anstoß gab Marey, der bereits 1888 seinen
Apparat zur Herstellung von Serienphotographien mittels Negativ-
papierbändern konstruiert hatte (s. S. 708) und deshalb mehrfach
als „Begründer der modernen Kinematographie“ bezeichnet wurde2).
Aber dem Apparate Mareys fehlen charakteristische Elemente
des modernen Kinoapparates; er hat keine durchsichtigen Filme,
keine Perforierung der Filmbänder, um die Einzelaufnahmen äqui-
distant zu machen, keine intermittierende Fortschaltung, sondern eine
elektromagnetische Arretierung, keine für längere Serien geeigneten
Bildgrößen (9x9 cm). Marey kann somit nicht als Erfinder der
modernen Kinematographie anerkannt werden3)- (Vgl. S. 716.)

1) Näheres siehe F. Paul Liesegang, Phot. Ind. 1915, S. 330; Zahlen
und Quellen zur Geschichte der Projektionskunst und Kinematogr., Düsseldorf
1926, S. 67.

2) Z. B. Henry V. H o p w o o d in seinem Buche „Living Pictures“ 1889.

3) Die französische Kino-Zeitschrift ,,Le Cineoskop“ Paris 1923/24 nimmt scharf
gegen eine Kommission der Societe frany. de Phot, vom 31. März 1924 Stellung,
welche nicht aus Fachmännern kompetenter Richtung bestand, sondern aus Medi-
zinern usw., da diese irrtümlich dem Arzte Marey eine ihm nicht zukommende
Erfinder-Priorität zusprechen wollten.
 
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