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Eder, Josef Maria
Geschichte der Photographie (Band 2) — Halle (Saale), 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.27416#0254

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824

Achtundachtzigstes Kapitel.

die Praxis und gründete noch im Jahre 1855 in London 8, Holloway Place,
Holloway Road, Islington, ein Kompaniegeschäft1 2 * * S.) unter dem Titel: Patent-

Photo- Galvanographic Company. Diese Gesellschaft gab im Jahre 1856 heftweise
ein Werk unter dem Titel: „Photographie Art Treasures“ in Großfolio heraus, wovon
5 Hefte ä 4 Blätter erschienen sind. Es war dies das erste mittels photomechanisoher
Verfahren (in diesem Falle Kupferdrucken) illustrierte, regelmäßig erscheinende, der
künstlerischen Illustration gewidmete Verlagswerk (s. S. 459). Ein großes Haus in
Holloway war gemietet worden und man arbeitete unterstützt von guten Kupfer-
stechern, welche die Retusche zu besorgen hatten. In den Jahren 1856 und 1857
wurden zahlreiche Reproduktionen hergestellt, darunter viele nach photographischen
Naturaufnahmen, wozu häufig der Photograph Roger Fenton die Negative
(Kollodiumverfahren) lieferte (s. S. 499). Nach etwa zweijährigem Bestehen löste sich
die Gesellschaft wieder auf und P r e t s c h blieb mit seiner Erfindung allein zurück.
Fox Talbot hatte jedoch ein altes Patent auf eine Erfindung, photographische
Bilder zu ätzen (s. S. 847) und nahm keinen Anstand, P r e t s c h auf Grund seines
Patentes gerichtlich zu verfolgen. Das Verfahren aber, welches Pretsch an wendete,
dessen Darlegung jedoch außerhalb der diesem Werke gesteckten Grenzen liegt, hatte
mit T a 1 b o t s Ätzmethode nichts gemein.

1) In dieser englischen Kompanie wurde ein junger Mann namens Campell
Duncan Dallas dem Pa ul Pretsch als leitender Partner an die Seite gestellt
und dieser wurde von Pretsch in alle Einzelheiten seines Verfahrens eingeweiht, die
sonst sorgsam geheim gehalten worden waren. Dieser Dallas machte sich un-
vorteilhaft bemerkbar; schon im Jahre 1856 hatte er für sich ein Patent in England
angemeldet (Nr. 1344 vom 5. Juni 1856) unter dem Titel „Improvements in Chemical
preparations applicable to the photographic and photogalvanic processes“. Aber
er lieferte die vorgeschriebene detaillierte Beschreibung innerhalb der vorgeschriebenen
Zeit nicht ab und so wurde ihm der Patentbrief nicht ausgefertigt. Es stand somit
auch weiterhin nur das Original-Patent von Pretsch aufrecht, es erlosch aber am

2. Februar 1858, weil Pretsch kein Geld zur Bezahlung der Patentkosten auf-

bringen konnte und die Gesellschaft für das Pretsch-Verfahren nicht mehr

vorhanden war. Von da ab war das Verfahren frei und war nur einigermaßen durch
die Geheimhaltung der Arbeitseinzelheiten geschützt. Nun griff aber Dallas die
Photogalvanograph ie nach Pretsch für seine eigene Rechnung auf und nannte
das Verfahren ,,D allastypi e“. Er ging so weit, seinem Lehrer die Priorität
streitig, zu machen, sich selbst als den Erfinder hinzustellen, weigerte sich aber, nach-
zuweisen, worin das „Dallas-Verfahren“ sich vom „Pretsch-Verfahren“ unterscheide.
Dallas konnte aber seine unbegründeten Ansprüche in der Folge nicht durch-
setzen, weil hervorragende Fachmänner, wie Anton Martin in Wien, S c a m o n i
von der Kaiserlichen Petersburger Reichsdruckerei zur Anfertigung von Staats-
papieren, sowie L e i p o 1 d (einzige Schüler Pretsch s) von der Staatsdruckerei
in Lissabon u. a. sich auf Seite Pretsch’s stellten (Phot. Mitt. 1874. Bd. 11.

S. 107; auch Phot. Korresp.), der mittlerweile körperlich und geistig ganz herunter-
gekommen war und seine Sache selbst nicht mehr führen konnte.

Einen sehr interessanten Überblick über die Geschichte der Photo-
galvanographie und ihren Erfinder, den Wiener Paul Pretsch, gibt
J. Waterhouse in „Penroses Pictorial Annual“ 1911, S. 157 (auch „Le Procede“
1911, S. 161).
 
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