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Die Gartenkunst — 2.1900

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Schoch, Gottlieb: Der Schloßsgarten zu Schwetzingen und Ludwig von Skell
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Meyer, F. W.: Felsanlagen, Teiche und Bäche in unseren Gärten, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0039

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28 DIE GARTENKUNST 11, 2

uns heute noch Skell unbedingt ein Vorbild sein! Ein
solches Arbeiten, aus dem fast allein die selbständige Ent-
wicklung des Künstlers entspringt, ist einem grofsen Teile
unserer heutigen Gartenkünstler völlig verloren gegangen.
In ihm ruht der Mafsstab, an dem der Gartenkünstler die
neuen Erscheinungen bewertet. Beim Zeichnen sichtet
man das Geschaute, das Wesentliche wird vom Unwesent-
lichen getrennt und hierdurch wird man zu einem rechten
Verständnis der Formen sowie zu einer gewissen Gröfse
der Auffassung hingeführt.

Zwar wird auch noch durch andere Ursachen die
jetzige zersplitterte und kleinliche Richtung in der Garten-
kunst mitbedungen. Die Nervosität des Zeitalters läfst
einen ruhigen, gründlichen und unbefangenen Kindruck
nicht zur Verarbeitung zu. Ein überhastetes Nachahmen,
kein originales Schaffen findet statt. Die Überfülle des
Materials erschwert ein strenges Sichten und Ordnen. Bin
unruhiges, gedankenloses Vielerlei ersteht an Stelle einer
geordneten Gruppierung charakteristischer Formen. Ein
wirksames Gegenmittel gegen solche künstlerischen Abwege
wird die Rückkehr zur Skellschen Arbeitsweise sein, die
ihren Wert behalten wird, solange die Gartenkunst über-
haupt die Natur uud die malerische Gestaltungsweise zu
ihrem Vorbilde erklärt!

Felspartieen.

Felsenanlagen, Teiche und Bäche in unseren Gärten.

Vortrag von F.W. Meyer, Landschaftsgärtner u. Gartenarchitekt

der Firma Robert Veitch & Son, Exeter, England,
gehalten in der Versammlung der Mitglieder der „Royal
Horticultural Society" am 13. Juni 1899.

Von allen Naturschönheiten wirken wohl die Gebirge
am anziehendsten. Dies ist wenigstens dort zutreffend,
wo die Gebirgsgegend nicht aus starren Einöden besteht,
sondern wo die wesentlichsten Bestandteile jedes schönen
Landschaftsbildes, nämlich Felsen, Pflanzen und Gewässer
in verschiedenen Formen sich zu einem malerischen Bilde
vereinigen.

Wie erhaben ist der Eindruck, den wohl jeder, der
die Schweiz bereist, beim Anblick solcher herrlichen Natur-
bilder empfindet. Gerade die Verbindung desüberwältigenden
mit dem Lieblichen bezaubert uns durch ihren fesselnden
Reiz, und wieder und immer wieder sehnen wir uns zurück
nach den schönen Bildern, die unsere Bewunderung in so
überwältigender Weise zu erregen vermochten.

Es ist deshalb kein Wunder, dafs wir geneigt sind,
wenigstens den Versuch zu machen, das, was unserem
Schönseitsgefühl in der Natur so imponiert, auch in unsere
Gärten einzuführen, und Felsen-Anlagen im Garten werden
immer häufiger gewünscht. Wenngleich es unmöglich ist,
den majestätischen Eindruck gewaltiger Gebirgsscenerien
auch nur annähernd wiederzuspiegeln, so können wir uns
dennoch getrost daran wagen, zwar kleinere, aber doch

liebliche Felsenbilder naturgetreu nachzuahmen, und zur
Ausschmückung solcher Felsen steht uns die Gebirgstlora
nicht nur einer einzelnen Gegend, sondern der ganzen
Welt zu Gebote. Es ist Thatsache, dafs unter den so
häufig getadelten klimatischen Verhältnissen Grofsbritanniens
manche Gebirgspflanzen sogar besser sich entwickeln als
in ihrem Heimatlande.

Der Hauptvorteil eines wohl arrangierten Felsengartens
besteht darin, dafs wir dem Besucher fast das ganze Jahr
hindurch etwas Interessantes bieten können. Andererseits
mufs zugegeben werden, dafs von allen häfslichen
Schöpfungen ein schlecht angelegter Feisongarten am aller-
abstofsendsten wirkt. Leider finden wir noch gar zu häufig
sogenannte Felspartien, welche einfach aus Erdhaufen be-
stehen, die mit aufrecht stehenden Steinen besteckt wurden
und auf denen nur einige der gewöhnlichsten Wucher-
pflanzen existieren können. Fin anderer, selbst bei besseren
Anlagen auffallender Fehler ist, dafs das Gestein nicht ge-
nügende Abwechselung und Unterbrechung bietet. Zu-
weilen finden wir „Kunstfelsen," welche durchweg nur
eine Art mehr oder weniger horizontaler Schichtung zeigen
und bei deren Konstruktion flache Steine aufeinandergelegt
und durch Cement verkittet wurden. Eine solche Anordnung
wirkt höchst einförmig und ist aufserdem nicht für die
besseren Arten von Alpenpflanzen geeignet. Es mag be-
hauptet werden, dafs, wenn das verwendete Gestein auf
dem natürlichen Fundorte oder im Steinbruche in parallelen
Schichtungen vorkommt, auch die hieraus gebildeten
künstlichen Felsen dieselbe Parallelität der „Strata" zeigen
müssen; aber sowohl vom malerischen, als auch vom
praktischen Standpunkte aus, kann solche Anordnung nur
als verfehlt bezeichnet werden, selbst dann, wenn die
künstlichen Felsen wirklich mit natürlichen Felsen Ähnlich-
keit haben.

Was wir in der Natur am meisten bewundern, sind
doch sicherlich nicht die regelmäfsigen Schichtungen des
Sedimentär-Gesteins, wie wir sie in Steinbrüchen finden,
sondern vielmehr solche Felsen, welche in unfehlbarer
Weise gewaltige Störungen bekunden, welche im Laufe
der Jahrtausende, vielleicht durch heftige vulkanische Er-
schütterungen, das ursprünglich regelmäfsige Gestein in
allen Richtungen durchbrachen und zerklüfteten; Felsen,
durch deren tiefe Spaltungen ein Bergstrom sich Bahn
brach und bald mit tosendem Geräusche von einem
Felsstück zum andern stürzt, bald als murmelnder Bach
einen blumenbedeckten Rasen durchschlängelt, der selbst
hier und da durch Felsen aller Gröfsen durchbrochen ist,
welche hier hoch über das Niveau der Rasenwelt hervor-
dringen, dort aber tief hinimtertauchen, bis sie in einer
felsigen Schlucht sich gänzlich dem Auge entziehen. Nicht
allein sind doch solche vielfach zerrissenen Felsen von
grofser malerischer Schönheit, sondern die vielen Spaltungen
und Vorsprünge entsprechen aufserdem gerade den An-
forderungen der schönsten und niedlichsten Kinder der
Alpenflora.

Die Gröfse eines Felsengartens mufs selbstverständlich
von Umständen abhängen, aber ein durchaus natürliches
Aussehen ist die Grundlage sowohl für die allerbescheidenste
 
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