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L. Usteri, Comm. über den Galaterbrief.

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Besteht denn aber die Unbefangenheit »des wahren Denkers«
darin, dem Alterthum, wo möglich, Irrationales aufzudringen,
damit man selbst alsdann rationaler als der Apostel Paulus er-
scheine ? Er, der in der D a r s t el 1 u ng s ar t allerdings allzu
rabbinisch und daher durch Verwicklungen der Sätze oft dunkel
ist, aber in der Einsicht selbst im Widerstreit gegen
allen Particularismus in der Religion zum Bewundern
hell und die ganze Menschheit universalistisch umfassend war;
Er, der vor Allen das Urchristenthum vor einem Recidiv in die
jüdische Legalität und Ceremonien - Dienstbarkeit bewahrt hat,
weil er so deutlich einsah, dafs die Menschheit überhaupt,
naaa aa^, nicht religiös rechtschaffen werden könne, durch
irgend eine lokal und national angenommene Gesetzgebung (2, 16.),
da eine solche weder allgemein bekannt, noch überallhin passend
und lür alle Zeiten genügend seyn kann, auch, wenn sie nur als
geboten und nicht aus treuer Ueberzeugung von ihrer inneren
Gültigkeit ausgeübt wird, zwar legal, aber nicht rechtschaffen
macht.

In Rücksicht auf philologische Präcision und auch auf logi-
kalisches Entwickeln der Gedankenfolge wird der Rückertische
Commentar bei weitem über troffen durch den
0) Commentar über den Brief Pauli an die Galater von
Leonhard Usteri, Rector u. Prof, am Gymnasium zu Bern. Nebst
einer Beilage in Beziehung auf Hermanns Programm
de Pauli ej)istolae ad G a l a t a s tribus primis c apitibus
und einigen Excursen. Zürich, bei Orell, Füfsli u. Comp. 1833.
XII u. 252 8. in 8.
Schade nur, dafs der so bald gestorbene U vor dem Exege-
siren schon durch dialektisch und pseudorationalistisch entstandene
dogmatische Vorurtheile, wie die früheren Ausgaben seiner Schrift
über den Paulinischen Lehr begriff zeigen, im schlichten
Aufsuchen der apostolischen Hauptbegriffe von 7uctti^ , vopog,
dixaiocrvvri u. s. w. gehindert und zum Hineintragen der
von Schleiermacher dialektisch umhüllten Kirchendogmatik von
juridisch-politischer, statt moralisch - religiöser Rechtfertigung
(als prädestinirter Gerechterklärung Derer, die an einen Gerechten
glauben und Ihn als ihren Stellvertrer oder Lückenbüfser gerne
gelten lassen) verleitet war.
Auch ihm liegt daher (nach S. 12 und 89.) immerhin der
Begriff der Stellvertretung in dem Sorg oder Tta^aduvg
 
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