Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1882

DOI issue:
Nr. 171 - Nr. 180 (25. Juli - 4. August)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42541#0459

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Buchdruckerei und Expedition: Krämergasse Nr. 1.

Freitag, den 28. Juli

gefl. Mitwirkung

Nr. 174.

1882.
Berger-Gesellschaft.
Sonntag, den 30. Juli, abends 8 Uhr
Musikalische Abend - Unterhaltung
mit italienischer Nacht
i» der Gartkn-Mirtschaft des Herr« Al bi Ker,
unter Leitung des Dirigenten Herrn E. Ssisert und
des hiesigen Stadt-Orchesters.

Loiäslvorssor IiLoäorLrMö.
„L's-rAS/' K/r r/e?' Fe/'. M7wr>^e//rF
e/e^se/öe-r, sorere e/es ^r'esrFe/r s
LamstaA, äsn 29. 4M 1882, aberiäs 8 Okr
Mül- M !ii8tmMz!-Ii»U«i't

mit itslisniseksn IXsokt
im Oartvn äer 8arm»nis-6«8«ll8oliakt.
Lintrittskartön rvsräen an LIitFlieäer am. LamstaA, äeii 29. 68.,
von 11 bis 2 Ilkr im Orartonsaals äsr Larmonie Araiis abssSFeberi,
abenäs an 6er Xasse ü. 50 ^n vorüberAsUsnä sieb bisr aut-
kaltenäe K'rembs soivobl von 11 — 2 Ilkr als aueb abomis an der
Lasse L M. 1.50.
Lei unKÜnstiKer ^VltterunK ünäet än« Lvnxerl Lm
Ary886n 8nule 8tntt.
Lonntass ünäet wit 6en (tasten ein
aÜKerneinsr ^nsün^
statt (Mtieres in 6eni bei 6er Lartenverteiiunss aus^u^ebenäsn ?ro-
Irannne), ivoxu äie ausseroräentlieben unä LbronmitAlisder 2abl-
reieber LeteiliFunA kreunäliebst einlaäet
I>SL' OL'«tLL.LL<I.

Als Beilage: Illustriertes
Unterhaltungsblatt. -MU_
Sm goldems Medawn
gefunden._Gr. Bezirksamt.

I-ikllöi'ki'mir.

Heute abend ^9 Uhr Probe.
Sängerbund.
_Heute abend Probe._
LkMl-KkMtn- ii. StttbeMk
der Nschier etc.
Samstag, den 29. Juli, abends (s 9 Uhr
in der Hormuthei Beitragerhebung, viertel-
jährige Abrechnungsvorlage. Alle Mit-
glieder werden ersucht, pünktlich zu erscheinen.
Neue Mitglieder werden ausgenommen.
_Der Vorstand.
Bekanntmachung.
Auf Grund der Anordnung des Großh.
Bezirksamtes vom 24. d. Mts. No. 2990 t
und unter Hinweis auf den in Nr. 173
der Heidelberger Zeitung pro 1882 abge-
druckten Artikel, betreffend die Vertilgung
der Blutlaus, werden die Grundstücks-Be-
sitzer hiesiger Gemarkung angewiesen, sofern
sich aus ihren Grundstücken die Blutlaus
zeigen sollte, deren Vertilgung ungesäumt
vorzunehmen.
Das Ieldhut-Personal ist angewiesen
worden, die gewissenhafte Durchführung
der Vertilgung zu überwachen und die-
jenigen Grundeigentümer, welche obiger
Anordnung nicht Folge leisten, zur Be-
strafung gemäß 8 33 Ziff. 4 F.-P.-Ord.
zur Anzeige zu bringen.
Heidelberg, den 27. Juli 1882.
Das Bürgermeisteramt:
Sagelsdorff.
Fritz-

Eine toll- Ehe.
Roman von M. von Weißenthurm.
(25. Fortsetzung)
Das Mädchen trägt Fanny's Züge. Das Blut
stieg ihr bei dieser Entdeckung zu Kopfe —sie wußte
kaum, ob aus Freude oder Zorn. Sie verstand den
Sinn des Bildes in einem Augenblick und wurde sich
im selben Moment ihres eigenen Fühlens bewußt.
Die männliche Gestalt im Hintergründe sollte den
Künstler selbst vorstellcn, welcher dem jungen
Mädchen ein letztes Lebewohl bot. Jenen Blick
leidenschaftlicher Liebe, namenloser Verzweiflung
— wie hatte er ihn wagen können! Das Rot der
Entrüstung stieg ihr ins Angesicht, ihre Augen
sprühten Feuer. Ahnte er, was sie bis zu diesem
Augenblicke selbst nicht gewußt hatte? Ein uner-
trägliches Gefühl der Beschämung, des Schreckens
erfaßte sie. Glaubte er, wagte er anzunehmen,
daß sie sich so erniedrigt habe, unerwidert zu lieben?
Ja, erniedrigt, denn war er nicht ein namen-
loser, emporstrebender Künstler — und sie —!
Sie hielt in ihrem Gedankengang inne und fühlte
in innerster Seele, daß selbst, wenn er ein Bettler
wäre, er der Einzige sei auf Erden, den sie als
ihren Herrn und Richter anzuerkennen gewillt war!
Wie gebannt stand sie vor dem Bilde — nicht
darauf achtend, wie die Zeit verflog, bis ihr Auge
auf einen Streifen Papier fiel, der an demselben
befestigt war. Er enthielt ein kurzes Gedicht,
welches den Sinn des Gemäldes erklärte. Mechanisch
ergriff sie es und laS:
So nah' sind wir und doch so weit geschieden,
So nah' empfind' ich Deines Atems Wehen,
Dein Blick begegnet mir und spendet Frieden
Und doch und dennoch muß ich von Dir gehen.
Erbarmungslos treibt das Geschick mich weiter
Auf dunklem Pfad, den herben Weg der Pflicht.
Vergiß mich, Kind! Der lebensmüde Streiter.
Ruft: »Lebewohl! — doch er vergißt Dich nicht!"

NnßkigttiiiP-AMMsiiW.
Auf Antrag der Beteiligten und mit
obervormundschaftlicher Genehmigung wird
der Erbteilung wegen das zwischen Kauf-
mann Philipp Joseph Popp Witwe,
Karoline Luise, geborene Emmert, und
deren minderjährigen Kindern gemeinschaft-
liche Wohnhaus 154 der Hauptstraße und
Eck der Heugasse, im Flächengehalte von
1 Ar 21,21 <;rn. vorn drei-, hinten vier-
stöckig mit gewölbtem Keller, Seitenflügel
und Gallerieanhang nebst 2 Dachzimmern
Brandvers.-Anschlag Mk. 24,000.
am Montag, den 31. Juli 1882,
nachmittags 2 Uhr
in meinem Geschäftszimmer öffentlich ver-
steigert und der Zuschlag endgültig erteilt,
wenn der Schätzungspreis mit 66,800 Mk.
erreicht oder überboten wird.
Bedingungen können bei dem Unter-
zeichneten eingesehen werden.
Heidelberg, den 12. Juli 1882.
Gr. Notar:
G. F. Sachs._
Ankündigung.
Im Vollstrcckunaswege werden
Samstag, den 29. ds. Mts.,
nachmittags 5 Uhr
im Rathaus (Pfaridlokal) dahier gegen Barzahlung
öffentlich versteigert:
2 Sopha mit 3 Sessel, 1 Sekretär, 1 großer
Spiegel und 1 Waschtisch.
Heidelberg, den 28. Juli 1882.
Der Gerichtsvollzieher:
Köberlitt.
Neues
AiMr
empfiehlt
6. 1 Lom.
preiswürdig zu verkaufen, Jngrimstraße Nr. 24.
Das Blatt entglitt ihren Händen. Schritte
wurden laut, und das Auge erhebend, begegnete
sie seinem Blick. Der Künstler war bleich und
machte eine Bewegung, als wollte er ihr das Bild
entreißen.
„Miß Forrestier! — ich beabsichtigte nicht,
daß Sie dies sehen sollten!"
„Das vermute ich verzeihen Sie, daß ich
es trotzdem sah, darf ich fragen, von wem das
Gemälde bestellt wurde?"
„Fräulein Forrestier, Sie verletzen mich grau-
sam; jenes Bild wird mein Atelier niemals ver-
lassen! Haben Sie das Gedicht gelesen? Ja! Ich
empfand das Verlangen, die Worte zu versinn-
bildlichen, welche es ausspricht, fast ohne mein
Wollen erhielt das Mädchen Ihre Züge. Ein
Augenblick genügt, um das Ganze zu vernichten,
wenn es Ihnen unangenehm ist."
„Das Bild gehört Ihnen, Sie können thun,
was Ihnen beliebt," sprach sie eisig. »Au insrs,
ist die Sitzung endlich beendet, können wir gehen?"
„Dein Bild, Fanny" rief Lady Davison auf
den Zankapfel blickend und ihr Augenglas ans
das Gemälde richtend. „Wirklich außerordentlich
gelungen! „Das letzte Lebewohl". Aber welch'
verzweifelten Ausdruck Sie Fanny gegeben haben,
Mr. Locksley, wer kann sich Fanny mit solchen
Augen denken?"
„Niemand, ins mors," sagte Fanny munter.
Es gab Zeiten, in welchen die jnngc Dame Lady
Davison Mutter nannte und dadurch deren Herz
namenlos erfreute. „Niemand wird je einen solchen
Ausdruck in meinen Zügen lesen, doch die Ein-
bildungskraft der Künstler ist groß!"
„Ich wollte, Sie würden im Ernste Fanny's
Bild malen," sprach Lady Davison. „Ich besitze
kein Bild von ihr. Was sagen Sie dazu. Geben
Sie auf eine kleine Weile Ihre andere Verbindlich-
keit auf und kommen Sie zu uns nach Davison,
um jenes Werk auszuführen?"
„Ganz unmöglich, Mylady," entgegnete der
Künstler traurig.

L ii».
1) FrühlingS-Marsch Parlow.
2) Onverture z. Op. „Stradella" . Flotow.
3) „Die Ehre Gottes aus der Natur", Männerchor mit Orchester-
Begleitung .......... Beethoven.
4) Arie a. d. Op. „Der Troubadour" ..... Verdi.
5) „Steh' fest du deutscher Eichenwald", Männerchor . . . Jsmmann.

6) Fantasie aus „Tannhäuser" ...... Wagner.
7) „Hymne an die Nach!", Männerchor .... Beethoven.
8) Noetnrno für Waidhorn-Solo, vorgetr. von Herrn E. Seifert C.D. Lorenz,
g) „Das Fclsenkreuz", Männerchor ..... Kreutzer.
10) „Lob der Frauen", Polka-Mazurka Strauß.

11) Fantasie aus „Lohengrin" ...... Wagner.
12) „Frühlingszeit", Männerchor ...... Wilhelm.
13) Walzer aus der Oper „Die Fledermaus" . . . . .Strauß.
14) „Heinrich von Ofterdingen", Männerchor .... Heim.
15) Großes Potpourri über „Volkslieder" .... Häßner.
Lioiriit kür KleLtinUKliväsr 30
Bei ungünstigem Wetter findet die Aufführung später statt.
3oKl088Wir'1SOll3f1.

Heute Freitag, den 28. Juli
liüMrt sM ÜMMiM
unter Leitung des städt. Musikdirektors Herrn Rosenkranz.
Anfang /u5 Uhr.

Onks Luolloi loiil fisillilM).
Heute Freitag, den 28. Juli
Konzert vom Heidelberger Stadt-Orchester.
Anfang Vs 9 Uhr. R. Wollweber.

Bierbrauerei Gulden.

Heute Freitag, den 28. Juli
Konzert vom alten Heidelberger Orchester
unter Leitung ihres Dirigenten Herrn Friese.
Anfang 8 Uhr. __M. Zeise.
Nach-Kirchweihsest Neckarsteinach.
Im Gasthaus zum Schiff
findet nächsten Sonntag, den 30. Juli
Bbeschte TonMßk mm einer AmmMter Kapelle
statt, wozu höflichst einladet
Weuer, Gastwirt zum Schiff
in Neckarsteinach._
Sitz-Ba-ewannen,
Badewannen,
Eisschränke jeder Größe
liefert billig
L Flaschner,
_Plöckstraße 95._
Wirtschaften zu verpachten. Moderne Fräcke
Näheres bei Agent K. Schnorr.werden gekauft, Mittelbadgasse Nr. 13.


Doch plötzlich ging eine wunderbare Veränderung
in Miß Forrestiers Antlitz vor — jede Spur von
abweisendem Stolze war aus demselben geschwunden
und mit sonnigem Lächeln sprach sie: „Niemand
sagt „unmöglich", wenn Lady Davison Etwas
wünscht — am allerwenigsten, wenn sie ihren
Wunsch mit so bittendem Blick begleitet. Ich
würde mich wirklich gerne auf der Leinwand be-
trachten können. Sie sollen mein Bild nicht ein,
sondern zwei Mal malen, ein Mal für Lady Davison
und das zweite Mal für eine liebenswürdige, alte
Dame in Rom, welche es hochhalten wird, für
Großmama Caryll?"
Er blickte empor.
Sie sprechen im Ernste?"
„Gewiß; lassen Sie Felicie warten und gehen
Sie mit uns nach Davison!"
„Ich würde es als eine besondere Ehre an-
sehen, welche Sie mir erweisen!" fügte Lady Davi-
son hinzu.
Eine momentane Pause entstand. Fanny sieht,
wie der Künstler unentschlossen schwankt, doch blickt
er empor und begegnet ihrem Auge.
„Sie sind Beide sehr gütig," spricht er ruhig.
„Ich werde kommen!"
Sechstes Kapitel.
Der Herr und Gebieter.
In glühender Sonnenhitze auf dem Quai
von Saint loon sur INSI, an der Küste von
Bretagne, schreitet ein junger Engländer auf und
nieder; er harrt des englischen Dampfers. Weißer
Nebel liegt über der wttten Fläche des Meeres,
kein Lüftchen bewegt die Blätter der Kastanien
am Ufer; die Sonne ergießt ihre glühenden
Strahlen erbarmungslos auf dis großen Pflaster-
steine der Straßen.
Trotz dieser tropischen Hitze schreitet der junge
Engländer rastlos auf und nieder; er sieht dabei
kühl und gelangweilt aus. Sein lichtgrauer Anzug
ist tadelloser Eleganz; seine Schuhe und Handschuhe
verraten ebenfalls den vornehmen Mann; das

Taschentuch, mit welchem er ein- oder zweimal
über das Antlitz fährt, ist von feinstem Battist
und mit einem reichgestickten Monogramm geziert,
es duftet nach Veilchen. Der junge Mann ist
groß und blond, breitschultrig, mit eleganter
Taille und von regelmäßiger Schönheit. Sein
Teint ist fein wie der eines Mädchens; um seine
blauen Augen und blonden Locken könnte ihn
manche Dame beneiden; er ist schön — aber sehr
weibisch. Ein kleiner, feingcdrehter Schnurrbart
ziert die Oberlippe, und ein Strohhut ist mit
absichtlicher Achtlosigkeit auf die blonden Locken
gedrückt. Er ist der schönste, der vornehmste aller
Männer — wenigstens in den Augen einer Frau.
Es ist Erich Graf Davison! — er schreitet auf
und nieder und harrt des Dampfboots, das ihn
über den Kanal in die Heimat und zu der Dame
führt, die er heiraten soll. Doch er hatte es nicht
eilig; er hatte jenen Tag so lang als nur irgend
thunlich hinausgeschoben.
Fanny Forrestier ist ein hübsches, ein ele-
gantes, ein gescheites Mädchen; zuweilen ist sogar
in Lord Davisons weisem Haupte ein leiser Ver-
dacht aufgestiegen, ob sie es nicht etwa Wagen
möchte, klüger zu sein als er. Und dieser bloße
Verdacht hat ihn schon erschreckt. Wie die meisten
Männer von eingebildetem Geschmack und Geist
haßt er kluge Frauen; ein leiser Anflug des ge-
fürchteten Blaustrumpfwescns würde in seinen
Augen den zierlichsten Fuß, die niedlichste Hand
in den Schatten stellen. Und doch ist diese Ver-
bindung eine längst beschloss, ne Sache — Fanny
ist sich dessen bewußt, und Lord Davison erkennt,
daß cs im Ganzen klüger sei, sich mit Grazie in
das Unvermeidliche zu finden, sich mit seiner Jugend
und Schönheit auf dem Altar kindlicher Liebe zu
opfern, als Aufsehen zu erregen durch die Zurück-
weisung einer solchen Partie. Ueberdies kann er
sich kein Mädchen denken, welches ihm als Frau
mehr zusagen würde als Mrs. Carhlls Erbin.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen