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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 14.1903

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Bodenhausen, Eberhard von: Van de Velde und die Eisen-Konstruktion
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https://doi.org/10.11588/diglit.6711#0267

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INNENDEKORATION

MEIN'HEfM-

ttEIN-STOLZ

xiv. MHRsanG,

Dcirmftadf 1003.

OKTOBER »HEFT.

Van de Pelde und die Eilen »Konttrukfion.

Von Dr. Freiherr E. von Boderthaufen.

Pie Einheit, in der ein Kunst-Werk uns entgegen-
tritt und die die Sicherheit ihrer Wirkung
auf unser Gefühls-Leben gewährleistet, setzt
sich zusammen aus einer beinahe unübersehbaren
Mannigfaltigkeit einzelner Elemente, die zu solcher
Einheit zusammentreten. Daher die Schwierigeit
einer sicheren, erschöpfenden Analyse eines Kunst-
Werkes. Und so sind auch die einzelnen Elemente,
die sich zur Totalität der Gefühlslage zusammen-
schliessen, die aus der Seele des Künstlers heraus
zur Gestaltung eines Kunst-Werkes führt, äusserst
mannigfaltig und in der Mannigfaltigkeit ihrer Her-
kunft schwer zu umfassen. Die Aufgabe, diese
Elemente, wie sie in der schöpferischen Kraft van
de Velde's uns entgegentreten, einzeln bis zu ihren
Wurzeln hinauf zu verfolgen, würde den Umfang
einer Studie, wie der vorliegenden, weit überschreiten.
Nur ein einzelner unter den gestaltbestimmenden
Faktoren dieser Kunst soll hier untersucht werden,
ein Faktor, der überall da, wo seine Werke be-
sprochen wurden, wohl erwähnt, nie aber einer ein-
gehenden Prüfung unterzogen worden ist und dem
doch eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt:
die Wirkung der Eisen-Konstruktion auf sein künst-
lerisches Glaubens-Bekenntnis.

Das Auftreten der Eisen-Konstruktion ist auf
dem Gebiete architektonischer Gestaltungen die
wichtigste Erscheinung des 19. Jahrhunderts. In
ihrem Material, in den Möglichkeiten und Not-
wendigkeiten seiner Verwendung waren neue Kon-
strüktions- und Form-Bedingungen latent enthalten.
Diese neuen Konstruktions - Formen mussten auf
unser ästhetisches Bewusstsein wirken und mussten
diesem einen neuen Inhalt verleihen, der in der
Seele des Künstlers dann zu neuem künstlerischen
Wollen und Vollbringen sich verdichtete.

Die als Technik uralte Kunst des Wölbens
hatten die Römer als treibendes ästhetisches Moment
bewusst in ihre Kunst-Gestaltung aufgenommen.
Sie hatten so in dem Streben nach geschlossener
Raumeinheit einen Faktor in die Kunst eingeführt,
der von nun an unaufhaltsam zu einer Erweiterung
und Fortbildung der als Problem aufgefassten Raum-
Gestaltung führte. Seit diesem Tage, wo die der
Stein-Konstruktion latent innewohnende Kraft der
Raum-Bewältigung erkannt und immer höherer
Vollendung entgegengeführt wurde, ist keine Er-
scheinung aufgetreten, der eine gleiche um- und
neugestaltende Bedeutung zukommt, wie der Eisen-
Konstruktion.

1903. X. 1.
 
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