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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 14.1903

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Tikkanen, Johan Jakob: Gesellius, Lindgren und Saarinen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6711#0329

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INNEN-DEKORATION.

297

nackte Wände als Fassaden im Kou-
lissenstil; nur da reiche und zarte
Details, wo es sein soll, aber nur auf
bezeichnenden Stellen als Kontrast
zu grossen Flächen; Putz oder echtes
Material je nach Wunsch oder Mitteln,
aber keine gefälschte Stoff-Wirkung;
die Verteilung der Fenster nicht von
der Symmetrie, sondern von dem
praktischen oder künstlerischen Licht-
Bedürfnis bestimmt; dominierende,
rote Dächer; in Landhäusern die Zu-
sammenwirkung mit der landschaft-
lichen Xatur; effektvolle Niveau-
Unterschiede, wo die Verhältnisse es
erlauben, kräftige Gegensätze von
Licht und Schatten, mächtige Öfen
von tieffärbiger Majolika mit kupferner
Überdeckung der Feuer-Öffnung,
Möbel in kurzen massigen Verhält-
nissen von gefärbtem (nicht über-
maltem) Holz, massive Türen mit
Kupfer-Beschlägen, die Maschinen-
Arbeit so weit möglich Handarbeit;
die Tapeten von gemalter Dekoration
oder Wand-Teppichen ersetzt; ge-
sättigte Farben-Wirkung, im Ganzen
wie Einzelnen die kühne Ausprägung
einer starken, persönlichen Anschau-
ung. Daher dieser Eindruck einer
inneren, schöpferischen Notwendig-
keit! Selbst die grinsenden Fratzen,
diese posthumen Kinder der mittel-
alterlichen Phantastik, erscheinen als
der Ausdruck der gnomischen, künst-
lerisch bewältigten Kräfte der Baumaterie.

Gesellius, Lindgren und Saarinen sind indessen
keine Theoretiker, am wenigsten einseitige Ratio-
nalisten. Sie erkennen überhaupt keine die Erfin-
f indung beschränkenden Dogmen an. Künstlerischen
Rücksichten opfern sie gelegentlich ohne Bedenken
die streng logische Folgerichtigkeit und sogar prak-
tische Vorteile. Sind doch die burgartige Geschlossen-
heit ihrer Häuser und die fast unverzeihliche Schwer-
fälligkeit ihrer Möbel in unseren Tagen geradezu
anakronistisch. Denn vor allem sind sie Künstler,
ich möchte sagen dichtende Maler-Architekten. Sie
suchen die Wirkung der aufgetürmten Massen und
des unverhüllten Stoffes, den Kontrast von vor-
drängenden und zurückgezogenen Teilen, den
suggestiven Eindruck der archaischen Formen und
der phantastisch stilisierten Naturmotive, die ge-
heimnisvolle Stimmung der Farben und des gefärbten
Lichtes. Sie lieben die ungeschliffene Kraft des

GESELLIUS, LINDGREN U. SAARINEN—HELS1NGFORS.

Lese-Ecke im Versicherungs-
Gebäude. »Haus Polijola*.

Elementaren mehr als die elegante Phrase. —
Ihre schon sehr reiche und vielseitige Produktion
ist in voller Entvvickelung begriffen. Aber auf
der jetzigen Stufe ist ihre Kunst jedenfalls ■— trotz
dem Anschluss an die englisch-amerikanische Archi-
tektur und auch abgesehen von den heimatlichen
Lehn-Motiven — eine Äusserung der finnischen
Geistesart, welche unter den Erscheinungen des
modernen Stils in verschiedenen Ländern ihr ein
besonderes und nationales Gepräge verleiht. —

z

'U UNSEREN WETTBEWERBEN. Der auf Seite 152
des Juni-Heftes unten abgebildete Entwurf ist, wie uns Herr
Edmund Tausch—Magdeburg mitteilt, von ihm in Verbindung mit
. Herrn G. Pleuse, nicht aber von diesem allein gezeichnet. Die
Entscheidung des Preisgerichtes in dem am 10. August fallig gewesenen
Preis-Ausschreiben für Garten-Architekturen ist im Inseraten-Anhange
des vorigen Heftes mitgeteilt worden. — Die Veröffentlichung der
in den letzten Wettbewerben ausgezeichneten Arbeiten erfolgt, inso-
weit dieselben zur Reproduktion geeignet sind, in den nächsten
Heften des neu beginnenden Jahrganges. Die Schriftleitung.

mos. xu. 2
 
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