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INNEN-DEKORATION
und wuchtigen Bögen
über einem Mittel-
flusse ist in der Mitte
schadhaft geworden.
Eine weitspannende
Eisen - Konstruktion
wird vom Ingenieur
ohne langes Bedenken
zwischen die engen
Steinjoche eingebaut.
Seine Brücke sei gut
und schön, denn eine
mit engen Steinjochen
würde im nächsten
Lenze von hoch-
gehenden Wogen und
harten Schollen
neue gerissen.
aufs
Der
Heimats - Schutz hat
wahrlich nicht recht,
das alte Mönchische
um jeden Preis zu er-
halten. Der Ingenieur
aber merkt nicht, daß
er schreiende Miß-
klänge in alte Harmo-
nien geschleudert hat.
Und es ist doch mit
dem Neuen ein Wohl-
klang zu zaubern.
Schwere Steine an den
Seiten, die in kräftiger,
senkrechter Betonung
in der Mitte enden,
und zwischen diesen
Pylonen ein wunder-
volles Netzwerk rei-
cher Rippen der Eisen.
Auch das zarte Ge-
webe der Spinne wirkt
im Geäste starker
Waldtannen ästheti-
sche Werte. — Ich
sehe zwei steile Berg-
kegel. Auf diesen
setzte der Besitzer we-
nige Bauten mit Brim-
borium in der Back-
steingotik der Gründer-
zeit; auf jenen viele,
allzuviele Bauten, ohne
Rücksicht auf die steile
Berglinie und den
geringen Höhenplatz.
Beides ist verfehlt. Bei
jenen kam die Schön-
heit nicht zu Gaste,
bei diesem nicht die
strengeNotwendigkeit.
Auf einen steilen Berg
gehören wenige Bau-
ten; der Platz ist auf
Bergeshöhe nicht da
zur Entfaltung. Und
KUNSTGEWEFBEECHULE-ZÜR1CH. WOHNZIMMER. AUSF.: R. TRUCKENMÜLLER.
ENTWURF UND AUSFÜHRUNG: H. L1PS Wwe.-ZÜRICH. E1NF. SCHLAFZIMMER.
ENTW. UMD AUSFUHR.: R. TRUCKENMÜLLER—ZÜRICH. E1NF. WOHNZIMMER. herlin
die Linie der Bauten
muß, wenn sie gut sein
soll, von selbst aus der
Linie des Berges aus-
schwingen. — Pharao-
nenmassen werden zur
Berliner Heerstraße
getürmt. Die Riesen-
stadt braucht für Rie-
senverkehr eine breite,
gerade Straße. Doch
die Schönheit gesellte
sich nicht dem Baue.
Die alte Petersstraße
in Leipzig wirkt mit
ihrer Enge, ihrenKrüm-
mungen, der Buntheit
und dem Verkehr
zur Zeit der Messe
außerordentlich. Aber
sie könnte nicht den
Rie sen-Verkehr der
Heerstraße aufneh-
men. Würde die Heer-
straße wie die Peters-
straße gebaut sein, sie
wäre unschön. Breite
und gerade Linienfüh-
rung im Großen ist
Notwendigkeit. Aber
trotzdem könnte ein
findender Städtebauer
Schönheit dieser Rie-
senstraße geben, durch
stete Abwechslung,
durch Massen in der
Mitte (Bäume oder
Bauten), durch Varia-
tionen der Teilstraßen
und der Baufluchten! —
In Bureauräumen wird
ebenso wie in Stadt-
schulen Licht ge-
braucht. Wie der seuf-
zende Lehrer, so wird
der Sekretär hier kla-
gen, wenn durch Fen-
ster einer Fassade nicht
genügend Licht drin-
gen kann. Wächst das
Gewand des • Baues
nicht strenge aus dem
Bedürfnis, so muß der
Moderne über Mangel
an Schönheit klagen.
Und große Fenster
können sehr gute Fas-
saden geben. — Nein,
die Schönheit feiert
erst, wenn die Notwen-
digkeit nirgends gebie-
tend und verbessernd
eingreifen braucht! —■
rudolf cuno.
INNEN-DEKORATION
und wuchtigen Bögen
über einem Mittel-
flusse ist in der Mitte
schadhaft geworden.
Eine weitspannende
Eisen - Konstruktion
wird vom Ingenieur
ohne langes Bedenken
zwischen die engen
Steinjoche eingebaut.
Seine Brücke sei gut
und schön, denn eine
mit engen Steinjochen
würde im nächsten
Lenze von hoch-
gehenden Wogen und
harten Schollen
neue gerissen.
aufs
Der
Heimats - Schutz hat
wahrlich nicht recht,
das alte Mönchische
um jeden Preis zu er-
halten. Der Ingenieur
aber merkt nicht, daß
er schreiende Miß-
klänge in alte Harmo-
nien geschleudert hat.
Und es ist doch mit
dem Neuen ein Wohl-
klang zu zaubern.
Schwere Steine an den
Seiten, die in kräftiger,
senkrechter Betonung
in der Mitte enden,
und zwischen diesen
Pylonen ein wunder-
volles Netzwerk rei-
cher Rippen der Eisen.
Auch das zarte Ge-
webe der Spinne wirkt
im Geäste starker
Waldtannen ästheti-
sche Werte. — Ich
sehe zwei steile Berg-
kegel. Auf diesen
setzte der Besitzer we-
nige Bauten mit Brim-
borium in der Back-
steingotik der Gründer-
zeit; auf jenen viele,
allzuviele Bauten, ohne
Rücksicht auf die steile
Berglinie und den
geringen Höhenplatz.
Beides ist verfehlt. Bei
jenen kam die Schön-
heit nicht zu Gaste,
bei diesem nicht die
strengeNotwendigkeit.
Auf einen steilen Berg
gehören wenige Bau-
ten; der Platz ist auf
Bergeshöhe nicht da
zur Entfaltung. Und
KUNSTGEWEFBEECHULE-ZÜR1CH. WOHNZIMMER. AUSF.: R. TRUCKENMÜLLER.
ENTWURF UND AUSFÜHRUNG: H. L1PS Wwe.-ZÜRICH. E1NF. SCHLAFZIMMER.
ENTW. UMD AUSFUHR.: R. TRUCKENMÜLLER—ZÜRICH. E1NF. WOHNZIMMER. herlin
die Linie der Bauten
muß, wenn sie gut sein
soll, von selbst aus der
Linie des Berges aus-
schwingen. — Pharao-
nenmassen werden zur
Berliner Heerstraße
getürmt. Die Riesen-
stadt braucht für Rie-
senverkehr eine breite,
gerade Straße. Doch
die Schönheit gesellte
sich nicht dem Baue.
Die alte Petersstraße
in Leipzig wirkt mit
ihrer Enge, ihrenKrüm-
mungen, der Buntheit
und dem Verkehr
zur Zeit der Messe
außerordentlich. Aber
sie könnte nicht den
Rie sen-Verkehr der
Heerstraße aufneh-
men. Würde die Heer-
straße wie die Peters-
straße gebaut sein, sie
wäre unschön. Breite
und gerade Linienfüh-
rung im Großen ist
Notwendigkeit. Aber
trotzdem könnte ein
findender Städtebauer
Schönheit dieser Rie-
senstraße geben, durch
stete Abwechslung,
durch Massen in der
Mitte (Bäume oder
Bauten), durch Varia-
tionen der Teilstraßen
und der Baufluchten! —
In Bureauräumen wird
ebenso wie in Stadt-
schulen Licht ge-
braucht. Wie der seuf-
zende Lehrer, so wird
der Sekretär hier kla-
gen, wenn durch Fen-
ster einer Fassade nicht
genügend Licht drin-
gen kann. Wächst das
Gewand des • Baues
nicht strenge aus dem
Bedürfnis, so muß der
Moderne über Mangel
an Schönheit klagen.
Und große Fenster
können sehr gute Fas-
saden geben. — Nein,
die Schönheit feiert
erst, wenn die Notwen-
digkeit nirgends gebie-
tend und verbessernd
eingreifen braucht! —■
rudolf cuno.