Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0334
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Westheim, Paul: Edelmaterial - Edelarbeit
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INNEN-DEKORATION
ENTWURF: ARCHITEKT ERNST WEINSCHENK—BERLIN.
SPEISEZIMMER IN HELL EICHE MIT EBENHOLZ.
T7 DELMATERIAL — EDELARBEIT. Material und
' Arbeit stehen in innerlicher Wechselbeziehung gleich
den Achsen einer Parabel. Der leicht vergängliche,
wertlose, gleichgiltige Stoff verleitet zur oberflächlichen
Bearbeitung. Der Talmi spendet keine Freuden, weder
dem Hersteller noch dem Besitzer.....
Edles Material aber bietet nicht nur Gewähr für
dauernden Bestand. Es lechzt nach der kundigen Hand,
die seine Tugenden zum Erstrahlen bringe. In den
noblen Hölzern, Metallen, Glasflüssen, dem Leder oder
dem Stein schlummern Schönheitswerte, die man erahnt,
selbst , wenn der nachlässige Bearbeiter keine Mühe auf-
gewandt hat, sie unseren Sinnen offenbar zu machen.
Doch ist es nicht ein Verbrechen an der von der Natur
reichbedachten Materie, wenn ihre innerliche Schöne
brach liegen bleibt wie ein ungepflegter Acker? Von
dieser Schuld können wir uns nicht ganz freisprechen.
Wohl haben wir es dahin gebracht, daß mit Freude und
Eifer kostbare Hölzer, Metalle und reine Stoffe verwandt
werden. Aber wer wollte leugnen, daß diese Dinge
zumeist primitiv und unveredelt bleiben. Und wer
möchte bestreiten, daß dieser Verzicht auf eine liebevolle
Durchgestaltung beinahe als Materialvergeudung erscheint.
Man betrachte doch eine alte Gemme, Schnitzerei oder
Bronze. Durch Fleiß und Können ist da der Urstoff
aufgehöht zu unerhörter Kostbarkeit. Die schöne Materie
ist der Träger geworden einer schöneren Leistung,
eines größeren Wertes. Das Gesetz der Natur ist er-
füllt, und der Mensch betrachtet entzückt und beglückt
das so entstandene Werk. — paul westheim.
INNEN-DEKORATION
ENTWURF: ARCHITEKT ERNST WEINSCHENK—BERLIN.
SPEISEZIMMER IN HELL EICHE MIT EBENHOLZ.
T7 DELMATERIAL — EDELARBEIT. Material und
' Arbeit stehen in innerlicher Wechselbeziehung gleich
den Achsen einer Parabel. Der leicht vergängliche,
wertlose, gleichgiltige Stoff verleitet zur oberflächlichen
Bearbeitung. Der Talmi spendet keine Freuden, weder
dem Hersteller noch dem Besitzer.....
Edles Material aber bietet nicht nur Gewähr für
dauernden Bestand. Es lechzt nach der kundigen Hand,
die seine Tugenden zum Erstrahlen bringe. In den
noblen Hölzern, Metallen, Glasflüssen, dem Leder oder
dem Stein schlummern Schönheitswerte, die man erahnt,
selbst , wenn der nachlässige Bearbeiter keine Mühe auf-
gewandt hat, sie unseren Sinnen offenbar zu machen.
Doch ist es nicht ein Verbrechen an der von der Natur
reichbedachten Materie, wenn ihre innerliche Schöne
brach liegen bleibt wie ein ungepflegter Acker? Von
dieser Schuld können wir uns nicht ganz freisprechen.
Wohl haben wir es dahin gebracht, daß mit Freude und
Eifer kostbare Hölzer, Metalle und reine Stoffe verwandt
werden. Aber wer wollte leugnen, daß diese Dinge
zumeist primitiv und unveredelt bleiben. Und wer
möchte bestreiten, daß dieser Verzicht auf eine liebevolle
Durchgestaltung beinahe als Materialvergeudung erscheint.
Man betrachte doch eine alte Gemme, Schnitzerei oder
Bronze. Durch Fleiß und Können ist da der Urstoff
aufgehöht zu unerhörter Kostbarkeit. Die schöne Materie
ist der Träger geworden einer schöneren Leistung,
eines größeren Wertes. Das Gesetz der Natur ist er-
füllt, und der Mensch betrachtet entzückt und beglückt
das so entstandene Werk. — paul westheim.