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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

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Pabst, A.: Die Erziehung zur Persoenlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0459

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XXI. JAHRGANG.

DARMSTADT.

DEZEMBER 1910.

DIE ERZIEHUNG ZUR PERSOENLICHKEIT.

VON DIREKTOR DR. A. PABST—LEIPZIG.

Je vollkommener die Maschine wird, umsomehr
stellt sie sich unter die Herrschaft des mensch-
lichen Verstandes und um so höhere Anforderungen
erhebt sie an die Geschicklichkeit und Geistesgegen-
wart des Mannes, der sie regieren soll. Demnach ist
es einleuchtend, daß gerade das Maschinenzeit-
alter eine höhere Ausbildung der Persönlich-
keit fordert, eine Ausbildung freilich, die sich nicht
auf ein Organ des Menschen beschränken kann, son-
dern vielmehr die ganze Persönlichkeit, Körper und
Geist, Hand, Auge und Gehirn berücksichtigen muß.
— Dies führt uns auf die Frage, wie der Mensch
für das technische Zeitalter erzogen werden müsse,
damit er sich als Persönlichkeit, auch der Maschine
gegenüber, behaupten könne, mit anderen Worten:
Wie er ausgebildet werden müsse, damit
er allen Aufgaben gewachsen sei, die die

fortschreitende Kultur an ihn stellt?.....

Damit ist die Erziehungsfrage aufgerollt, denn
der Erziehung und der Schule fällt zweifellos die
Aufgabe zu, den kommenden Geschlechtern alles
das zu bieten, was die fortschreitende Zeit von ihnen
verlangen wird. Das ist eine außerordentlich
schwierige Aufgabe, umso schwieriger, als es gilt,
alles das nachzuholen, was während der beiden

letzten Menschenalter versäumt wurde. Denn unsere
Schulen sind zum guten Teil veraltet und haben ihren
eigentlichen Beruf, für das Leben zu erziehen,
beinahe ganz vergessen. Veraltet sind die Lehrziele
und Lehrstoffe, veraltet ist der ganze Geist, der
sie erfüllt, und der die Rechte der Jugend fast
ebensowenig achtet, wie er die Bedürfnisse des
modernen und vielgestaltigen Lebens kennt. —

Die Frage, welche Art von Schule ihre Aufgabe
in der Zukunft am besten lösen wird, müssen wir dahin
beantworten, daß, so wie sie sind, keine erfüllen kann,
was die kommende Zeit fordert. Aller Unterricht
muß neuen Zielen zustreben und muß diese auf neuen
Wegen zu erreichen suchen, und in allen Schulen
muß mit den herrschenden Anschauungen gebrochen
werden. Vor allem muß man die Meinung auf-
geben, daß nur das Sprachstudium Kern- und Mittel-
punkt der Bildung sein könne, denn die Sprache
kann immer nur ein Werkzeug der Bildung sein
und niemals ihren Inhalt selbst ausmachen. Unsere
Erziehungsmethode muß von Grund aus geändert
und sich dessen bewußt werden, daß sie dem Kinde
keine Kräfte geben, sondern nur solche ent-
wickeln kann, die vorhanden sind. Der
oberste Grundsatz für allen Unterricht muß sein,

1910. XII. x.
 
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