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INNEN-DEKORATION
ARCHITEKTEN CURJEL & MOSER— KARLSRUHE. KAMIN IM DER HALLE. LANDHAUS BRETTAUER.
KUNSTGEWERBE UND PUBLIKUM.
Wir besitzen Dinge, die keine Zeit vor uns besaß,
Bauwerke und Maschinen, die nur uns eigen-
tümlich sind, unser öffentliches Leben vollzieht sich in
völlig neuen, unser privates Leben in teilweise neuen
Formen, und das führte schließlich zu dem Verlangen,
diesem neuen Leben den entsprechenden neuen künst-
lerischen Rahmen zu geben. Wir können uns nun aller-
dings weder mit den Griechen des sogenannten goldenen
Zeitalters, noch mit den Italienern der Renaissance ver-
gleichen, stellen uns aber in kühner Ruhe gelassen und
der Bedeutung unserer Zeit und ihrer künstlerisch-tech-
nischen Hervorbringung sicher, an ihre Seite. Immer-
hin, der Typus des modernen Deutschen hat noch
seine schwachen Seiten. Es fehlt ihm, wie Prof. Licht-
wark sagte, an äußerer Kultur und Festigkeit der Form,
wie an einem innerlichen Verhältnis zur bildenden Kunst.
Sein Bedürfnis nach künstlerischen Genüssen, die eine
Erziehung des Auges und des Herzens voraussetzen,
ist verhältnismäßig gering. Man mag das den Werken
der Malerei und Skulptur gegenüber, die zwar geistig
für das ganze Volk geschaffen sind, deren Erwerb aber
nur wenigen möglich ist, bis zu einem gewissen Grade
gutheißen, aber man findet es beschämend, auch das
Kunstgewerbe vernachlässigt zu sehen, das doch zu
reicherem Lebensgenüsse und künstlerischem Behagen
beiträgt. Man sollte meinen, an den Werken des mo-
dernen Kunstgewerbes müsse jeder von uns Teil haben,
weil uns doch die Form und die Farbe der Möbel, die
wir benützen, und der Geräte, deren wir uns täglich
bedienen, eben so wenig gleichgültig sein können, wie
die Stoffe unserer Kleider, die Muster unserer Tapeten
und Teppiche. Tritt doch just hier der eigenste per-
sönliche Geschmack in sein Recht. Nur darf
man verlangen, daß derjenige, der Nutznießer der
schönen und zweckmäßigen Dinge des modernen Kunst-
gewerbes sein will, sich bemühe, durch sorgfältige künst-
lerische Selbsterziehung des Auges seiner bisherigen
Unzulänglichkeit mit Kraft und Ausdauer entgegen-
zuarbeiten. Vorzügliche Hilfsmittel sind ihm durch die
Kunst- und Kunstgewerbe - Publikationen an die Hand
gegeben, die seit vielen Jahren in unermüdlicher Kultur-
arbeit Pionier- und Lehrdienste leisten. —
Wir haben künstlerische Urheber und handwerkliche
Ausfertiger ebenso schöner wie zweckmäßiger Arbeiten der
angewandten Kunst, um die wir von anderen Nationen
beneidet werden, — nur ein im Verhältnis ebenso kunst-
sinniges und kauffreudiges Publikum haben
wir noch nichtl Das ist unser Leid, dem möchten
wir abhelfen, doch kann uns letzteres nur gelingen,
wenn sich das Publikum weniger passiv als bisher den
Dingen gegenüber, die wahrlich nicht zu den geringsten
Gütern der Nation gehören, verhält. — a. roessler.
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKTEN CURJEL & MOSER— KARLSRUHE. KAMIN IM DER HALLE. LANDHAUS BRETTAUER.
KUNSTGEWERBE UND PUBLIKUM.
Wir besitzen Dinge, die keine Zeit vor uns besaß,
Bauwerke und Maschinen, die nur uns eigen-
tümlich sind, unser öffentliches Leben vollzieht sich in
völlig neuen, unser privates Leben in teilweise neuen
Formen, und das führte schließlich zu dem Verlangen,
diesem neuen Leben den entsprechenden neuen künst-
lerischen Rahmen zu geben. Wir können uns nun aller-
dings weder mit den Griechen des sogenannten goldenen
Zeitalters, noch mit den Italienern der Renaissance ver-
gleichen, stellen uns aber in kühner Ruhe gelassen und
der Bedeutung unserer Zeit und ihrer künstlerisch-tech-
nischen Hervorbringung sicher, an ihre Seite. Immer-
hin, der Typus des modernen Deutschen hat noch
seine schwachen Seiten. Es fehlt ihm, wie Prof. Licht-
wark sagte, an äußerer Kultur und Festigkeit der Form,
wie an einem innerlichen Verhältnis zur bildenden Kunst.
Sein Bedürfnis nach künstlerischen Genüssen, die eine
Erziehung des Auges und des Herzens voraussetzen,
ist verhältnismäßig gering. Man mag das den Werken
der Malerei und Skulptur gegenüber, die zwar geistig
für das ganze Volk geschaffen sind, deren Erwerb aber
nur wenigen möglich ist, bis zu einem gewissen Grade
gutheißen, aber man findet es beschämend, auch das
Kunstgewerbe vernachlässigt zu sehen, das doch zu
reicherem Lebensgenüsse und künstlerischem Behagen
beiträgt. Man sollte meinen, an den Werken des mo-
dernen Kunstgewerbes müsse jeder von uns Teil haben,
weil uns doch die Form und die Farbe der Möbel, die
wir benützen, und der Geräte, deren wir uns täglich
bedienen, eben so wenig gleichgültig sein können, wie
die Stoffe unserer Kleider, die Muster unserer Tapeten
und Teppiche. Tritt doch just hier der eigenste per-
sönliche Geschmack in sein Recht. Nur darf
man verlangen, daß derjenige, der Nutznießer der
schönen und zweckmäßigen Dinge des modernen Kunst-
gewerbes sein will, sich bemühe, durch sorgfältige künst-
lerische Selbsterziehung des Auges seiner bisherigen
Unzulänglichkeit mit Kraft und Ausdauer entgegen-
zuarbeiten. Vorzügliche Hilfsmittel sind ihm durch die
Kunst- und Kunstgewerbe - Publikationen an die Hand
gegeben, die seit vielen Jahren in unermüdlicher Kultur-
arbeit Pionier- und Lehrdienste leisten. —
Wir haben künstlerische Urheber und handwerkliche
Ausfertiger ebenso schöner wie zweckmäßiger Arbeiten der
angewandten Kunst, um die wir von anderen Nationen
beneidet werden, — nur ein im Verhältnis ebenso kunst-
sinniges und kauffreudiges Publikum haben
wir noch nichtl Das ist unser Leid, dem möchten
wir abhelfen, doch kann uns letzteres nur gelingen,
wenn sich das Publikum weniger passiv als bisher den
Dingen gegenüber, die wahrlich nicht zu den geringsten
Gütern der Nation gehören, verhält. — a. roessler.