INN EN-DEKORATION
241
ENTW. U. AUSFÜHRUNG: J. KELLER—ZÜRICH.
SALON. ZITRONENHOLZ. VILLA WINKELWIESE-ZÜRICH.
in der ersteren wird das Metall fast lebendig, in der
letzteren verharrt es klotzig und trotzig, läßt das
schlimmste geduldig an sich herankommen. Des weiteren
sei auf Verbindungen von Eisen und Stein im Eisen-
beton verwiesen, in dem ganz verschiedene Kräfte und
Spannungen zu fast vollkommenem Ausgleich kommen.
Um gegen ästhetische Prinzipien, gegen Wahrheit
und Echtheit verstoßende Übergriffe unlauterer Bildner
und Techniker brauchen wir uns nicht zu ereifern; bei
allen wahrhaft großen Werken sorgten die mitarbeitende
Wissenschaft und die Technik als Kunst schon dafür,
daß der formal oder gesteigert architektonisch und kon-
struktiv gestaltende Künstler der gewachsenen Kraft
seines Materials auch im Kampfe mit den inneren
Kräften und äußeren Einwirkungen sicher sein darf.
Material- und Konstruktionsfehler müssen selbstverständ-
lich zerstörend wirken; man sei aber doch vorsichtiger
in der Erhebung von Vorwürfen in Sachen der soge-
nannten Materialvergewaltigung, wo die Technik geradezu
glänzende Triumphe feiert. Material und Technik sind,
wie Stoff und Kraft, einander gegenseitig entwickelnd,
immer fortbildend in ewigem Wettstreit. Die Eigen-
schaften des einen, des Materials, entfalten die Kraft
des andern, der Technik. Jede scheinbare Zerstörung
innerhalb ihres Machtbereichs ist gleichbedeutend mit
einer Neuschaffung, ist die Geburtsphase eines Neuen.
Die Technik ist zeugend, das Material gebärend, ent-
sprechend ihren innersten Notwendigkeiten, otto schulze.
DIE ABGRENZUNG DES GARTENS.
"TJ" s ist eine Charaktereigenschaft des Engländers, daß
' er in seinem Heim ungestört sein will, daß er
Haus und Garten zu einem Reiche für sich macht, das
er den Blicken der Vorübergehenden zu entziehen sucht.
Häuser sind nicht da, um sie zu besehen, sondern um
sie zu bewohnen. Diesen schon vor fast 300 Jahren
von Lord Bacon geschriebenen Satz befolgt man heute
auch im Garten, der eben ein Teil der Wohnung ist,
den der Engländer für sich angelegt hat und nicht, da-
mit die Leute, die vorübergehen, ihn bewundern sollen.
In diesem Bestreben befindet er sich in starkem Gegen-
satz zu den Gewohnheiten auf dem Eestlande. Unsere
Gärten sind stets den Blicken der Straßenpassanten frei-
gegeben, denn von der Straße trennt ihn nur ein dünnes
Gitter, wohnen können wir in ihnen nicht, weil wir uns
in ihnen wie auf dem Präsentierteller befinden. Be-
sonders unsere Vorgärten an der Straße gehören weniger
uns als dem Publikum. Dabei ist es nicht ausgemacht,
ob auch für den Straßenpassanten eine Straße mit
offenen Vorgärten schöner ist, oder eine Straße, in
der Efeu- und Weinrebenranken über Gartenmauern
und Hecken hängen, und wo dahinter Baumgipfel und
Hausgiebel sichtbar werden, wo die Fantasie gereizt
wird, sich ein Bild von dem zu entwerfen, was hinter den
Mauern und dichten Hecken sich verstecken mag. —
Aus »Geschichte der Gartenkunst« von Chr. Ranck.
241
ENTW. U. AUSFÜHRUNG: J. KELLER—ZÜRICH.
SALON. ZITRONENHOLZ. VILLA WINKELWIESE-ZÜRICH.
in der ersteren wird das Metall fast lebendig, in der
letzteren verharrt es klotzig und trotzig, läßt das
schlimmste geduldig an sich herankommen. Des weiteren
sei auf Verbindungen von Eisen und Stein im Eisen-
beton verwiesen, in dem ganz verschiedene Kräfte und
Spannungen zu fast vollkommenem Ausgleich kommen.
Um gegen ästhetische Prinzipien, gegen Wahrheit
und Echtheit verstoßende Übergriffe unlauterer Bildner
und Techniker brauchen wir uns nicht zu ereifern; bei
allen wahrhaft großen Werken sorgten die mitarbeitende
Wissenschaft und die Technik als Kunst schon dafür,
daß der formal oder gesteigert architektonisch und kon-
struktiv gestaltende Künstler der gewachsenen Kraft
seines Materials auch im Kampfe mit den inneren
Kräften und äußeren Einwirkungen sicher sein darf.
Material- und Konstruktionsfehler müssen selbstverständ-
lich zerstörend wirken; man sei aber doch vorsichtiger
in der Erhebung von Vorwürfen in Sachen der soge-
nannten Materialvergewaltigung, wo die Technik geradezu
glänzende Triumphe feiert. Material und Technik sind,
wie Stoff und Kraft, einander gegenseitig entwickelnd,
immer fortbildend in ewigem Wettstreit. Die Eigen-
schaften des einen, des Materials, entfalten die Kraft
des andern, der Technik. Jede scheinbare Zerstörung
innerhalb ihres Machtbereichs ist gleichbedeutend mit
einer Neuschaffung, ist die Geburtsphase eines Neuen.
Die Technik ist zeugend, das Material gebärend, ent-
sprechend ihren innersten Notwendigkeiten, otto schulze.
DIE ABGRENZUNG DES GARTENS.
"TJ" s ist eine Charaktereigenschaft des Engländers, daß
' er in seinem Heim ungestört sein will, daß er
Haus und Garten zu einem Reiche für sich macht, das
er den Blicken der Vorübergehenden zu entziehen sucht.
Häuser sind nicht da, um sie zu besehen, sondern um
sie zu bewohnen. Diesen schon vor fast 300 Jahren
von Lord Bacon geschriebenen Satz befolgt man heute
auch im Garten, der eben ein Teil der Wohnung ist,
den der Engländer für sich angelegt hat und nicht, da-
mit die Leute, die vorübergehen, ihn bewundern sollen.
In diesem Bestreben befindet er sich in starkem Gegen-
satz zu den Gewohnheiten auf dem Eestlande. Unsere
Gärten sind stets den Blicken der Straßenpassanten frei-
gegeben, denn von der Straße trennt ihn nur ein dünnes
Gitter, wohnen können wir in ihnen nicht, weil wir uns
in ihnen wie auf dem Präsentierteller befinden. Be-
sonders unsere Vorgärten an der Straße gehören weniger
uns als dem Publikum. Dabei ist es nicht ausgemacht,
ob auch für den Straßenpassanten eine Straße mit
offenen Vorgärten schöner ist, oder eine Straße, in
der Efeu- und Weinrebenranken über Gartenmauern
und Hecken hängen, und wo dahinter Baumgipfel und
Hausgiebel sichtbar werden, wo die Fantasie gereizt
wird, sich ein Bild von dem zu entwerfen, was hinter den
Mauern und dichten Hecken sich verstecken mag. —
Aus »Geschichte der Gartenkunst« von Chr. Ranck.