INNEN-DEKORATION
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das Holz nicht gestrichen war, sondern
durch Beize, Lasur oder Atzung noch seine
natürliche Struktur zeigte, hatte man über-
all unnatürliche Töne, namentlich grüne
oder blaue, vermieden. So etwas fälscht
immer den Eindruck des Holzes. Man
hat ja durch die Behandlung der Wand
und des Bodens, durch Vorhänge und
Tischdecken, durch Keramik und alle
möglichen Gegenstände noch Mittel genug,
den Raum farbig zu beleben. — Wo Or-
namente zur Verwendung kamen, waren
sie nie naturalistischer Art. Da die Kunst-
instinkte im Handwerk verloren gegangen
sind, und wir uns doch bei der Arbeiter-
wohnung nicht auf den eigentlichen Kunst-
gewerbler, sondern nur auf den Hand-
werker verlassen können, so müssen wir
wieder anfangen, wo die Pfahlbauer an-
gefangen haben: beim einfachen geome-
WALTER KOCH. KÜCHE. AUShÜHK.: R. ROSSBERG.
trischen Ornamente. Das bedeutet keine
Verarmung; es gestattet reichste Kombi-
nationen, ruhigen und fröhlichen Rhythmus,
treuliche Rapporte zu der auch auf geo-
metrischer Basis beruhenden Raum- und
MöbeHorm. — Die Ausstellung der Ar-
beiterwohnung in Zürich war ein großer
Erfolg. Sie gefiel nicht nur dem kunst-
gewohnten Beschauer, sie gefiel auch
vielen Arbeitern. Allen wäre zuviel ge-
sagt, denn der Aufschwung im Ge-
schmack in den untern Volksschichten
ist ein noch gar selten Ding. Einfach
und weise Beschränkung des Schmucks
wird nur erst von wenigen begriffen.
Doch hat das Interesse der Öffentlich-
keit angefangen, sich mit dem Gegen-
stande zu befassen. Und damit ist viel
gewonnen, da wird die Abklärung nicht
lange ausbleiben, dr. albert baur-zürich.
WALTER KOCH—DAVOS. KÜCHE. AUSF.: R. ROSSBERG-DAVOS.
SCHÖNHEIT NOTWENDIGKEIT.
T~Ve moderne, zu oft gesetzte Behauptung, Notwen-
digkeit schlösse die Schönheit in sich, ist wohl
stark durch Ereignisse und Produkte widerlegt, die
durchaus dem Notwendigen in jederBeziehung genüg-
ten und dennoch nicht aus dem Lande der Schönheit
waren. Doch ist wohl nichts gegen die These ein-
zuwenden, daß die Schönheit auch die Notwendigkeit
in sich schließe. Denn verstößt ein Künstler, der Wohl-
klänge weckt, zugleich gegen wichtige, praktische
Regeln, so kann man nur sagen: ^Xein, das ist un-
schön!«: Umgekehrt vermag der Schaffende, der alle
Grundrisse sorgfältig geprüft, alle Möbel aufs schmieg-
samste dem Körper angepaßt hat, erst dann zu überzeu-
gen, wenn er folgerichtig aus diesem befriedigten Be-
dürfnisse heraus die Eorm entwickelt hat und ihm
in eigener Vision der Weihekuß der Eurhythmie zuteil
ward. — Eine alte Steinbrücke mit schweren Pfeilern
ARCH. WALTER KOCH-DAVOS. SCHLAF-ZIMMER. AUSF.: R. ROSSBERG-DAVOS.
1910. I. 7.
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das Holz nicht gestrichen war, sondern
durch Beize, Lasur oder Atzung noch seine
natürliche Struktur zeigte, hatte man über-
all unnatürliche Töne, namentlich grüne
oder blaue, vermieden. So etwas fälscht
immer den Eindruck des Holzes. Man
hat ja durch die Behandlung der Wand
und des Bodens, durch Vorhänge und
Tischdecken, durch Keramik und alle
möglichen Gegenstände noch Mittel genug,
den Raum farbig zu beleben. — Wo Or-
namente zur Verwendung kamen, waren
sie nie naturalistischer Art. Da die Kunst-
instinkte im Handwerk verloren gegangen
sind, und wir uns doch bei der Arbeiter-
wohnung nicht auf den eigentlichen Kunst-
gewerbler, sondern nur auf den Hand-
werker verlassen können, so müssen wir
wieder anfangen, wo die Pfahlbauer an-
gefangen haben: beim einfachen geome-
WALTER KOCH. KÜCHE. AUShÜHK.: R. ROSSBERG.
trischen Ornamente. Das bedeutet keine
Verarmung; es gestattet reichste Kombi-
nationen, ruhigen und fröhlichen Rhythmus,
treuliche Rapporte zu der auch auf geo-
metrischer Basis beruhenden Raum- und
MöbeHorm. — Die Ausstellung der Ar-
beiterwohnung in Zürich war ein großer
Erfolg. Sie gefiel nicht nur dem kunst-
gewohnten Beschauer, sie gefiel auch
vielen Arbeitern. Allen wäre zuviel ge-
sagt, denn der Aufschwung im Ge-
schmack in den untern Volksschichten
ist ein noch gar selten Ding. Einfach
und weise Beschränkung des Schmucks
wird nur erst von wenigen begriffen.
Doch hat das Interesse der Öffentlich-
keit angefangen, sich mit dem Gegen-
stande zu befassen. Und damit ist viel
gewonnen, da wird die Abklärung nicht
lange ausbleiben, dr. albert baur-zürich.
WALTER KOCH—DAVOS. KÜCHE. AUSF.: R. ROSSBERG-DAVOS.
SCHÖNHEIT NOTWENDIGKEIT.
T~Ve moderne, zu oft gesetzte Behauptung, Notwen-
digkeit schlösse die Schönheit in sich, ist wohl
stark durch Ereignisse und Produkte widerlegt, die
durchaus dem Notwendigen in jederBeziehung genüg-
ten und dennoch nicht aus dem Lande der Schönheit
waren. Doch ist wohl nichts gegen die These ein-
zuwenden, daß die Schönheit auch die Notwendigkeit
in sich schließe. Denn verstößt ein Künstler, der Wohl-
klänge weckt, zugleich gegen wichtige, praktische
Regeln, so kann man nur sagen: ^Xein, das ist un-
schön!«: Umgekehrt vermag der Schaffende, der alle
Grundrisse sorgfältig geprüft, alle Möbel aufs schmieg-
samste dem Körper angepaßt hat, erst dann zu überzeu-
gen, wenn er folgerichtig aus diesem befriedigten Be-
dürfnisse heraus die Eorm entwickelt hat und ihm
in eigener Vision der Weihekuß der Eurhythmie zuteil
ward. — Eine alte Steinbrücke mit schweren Pfeilern
ARCH. WALTER KOCH-DAVOS. SCHLAF-ZIMMER. AUSF.: R. ROSSBERG-DAVOS.
1910. I. 7.