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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

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Schulze, Otto: Neue Räume von Ludwig Alter - Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0352

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XXI. JAHRGANG.

DARMSTADT.

SEPTEMBER 1910.

NEUE RÄUME VON LUDWIG ALTER-DARMSTADT.

VON DIR. OTTO SCHULZE—ELBERFELD.

Es ist uns Deutschen fast in Fleisch und Blut
übergegangen, bei der Abschätzung unserer
praktischen, wirtschaftlichen und kulturellen Erfolge,
die auch von den rein Schöngeistigen nunmehr als
voneinander abhängig angesehen werden, stets daran
zu denken, daß dafür unsere Dichter, Schulmeister
und Soldaten überwiegend die Vorbereiter, die
Pioniere gewesen sind. Unser geeinigtes Deutsch-
land haben wir ersungen, erarbeitet und erkämpft.
Wir würden noch heute nicht von der Übermacht
des französischen Geschmacks befreit sein, wenn
wir noch in politischer Abhängigkeit von Frank-
reich ständen. Wir würden heute noch immer tiefer
in die Historie versinken, wenn wir aus deutschem
Dichten, Denken und Handeln heraus nicht ein
Stück greifbarer neuerer Geschichte geschaffen
hätten. Wir sind ein Volk der Arbeit geworden,
aus Bewunderern sind Bewunderte geworden. —
Wer den Dingen auf den Grund geht, erkennt
sehr wohl, daß unsere gesamte Arbeit und Tätig-
keit in einer goldenen Mittelbahn sich bewegt, die
alle seichten und extremen Dinge von sich fernhält.
Wir unterscheiden schon nicht mehr zwischen so-
genannter Ausstellungskunst und den Erzeugnissen
des eigentlichen werktätigen Lebens; die Qualitäten

sind so gestiegen, daß die Mehrzahl deutscher Er-
zeugnisse ohne weiteres ausstellungsfähig ist. Das gilt
namentlich für jenen Teil der deutschen Wohnungs-
kunst — und sie ist ja eigentlich der Boden unserer
Kulturarbeit überhaupt — der aus den großen
Werkstätten hervorgeht, die seiner Zeit die neue
Bewegung aufgriffen, sich nicht beirren und durch
kein Opfer abschrecken ließen, das den neuen Ver-
hältnissen anzupassende Wohnungsideal in die Wirk-
lichkeit zu übersetzen. Gewiß, damals mußten große
Opfer gebracht werden; und zum Schaden kam
der Spott. Millionen sind aufgewendet worden,
und einer ständigen Lebendigerhaltung des kühnen
Wortes hat es bedurft, den scheinbar Verzagenden,
den um ihre Existenz ringenden Werkstätten die
neuen Ideen nicht zum Verhängnis werden zu lassen.
Ein schwerer Kampf ist gekämpft worden; viele
ahnten seine Schwere, seinen furchtbaren Druck
gar nicht. Doch das waren Übergangszeiten, und
heute sind wir stolz des Sieges, den wir Ausharren-
den auf der ganzen Linie erstritten haben.

Die Hof möbelf abrik LudwigAlte r—Darmstadt
verdient, im Sinne dieser Ausführungen mit an
allererster Stelle genannt zu werden. Von Anfang
an nahm sie tatkräftigen Anteil an Darmstadts

1910. ix. 1.
 
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