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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

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Schulze, Otto: Die Harmonie der Gegensätze, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0196

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178

INN EN-DEKORATION

ARCHITEKT C. F. VOYSEY—LONDON. KAMIN- U. FENSTERPLATZ IN DER DIELE. HAUS: THE ORCHARD—CHORLEYWOOD.

DIE HARMONIE I

Einheitlichkeit und Geschlossenheit der Wirkung sind
allerdings die erste Grundbedingung für die Wohn-
lichkeit eines Raumes. Aber, man greife hierbei nicht auf
jene Beispiele zurück, in denen die Verwässerung har-
monischer Gegensätze so trostlos war, daß Licht und
Schatten zusammengingen und alles im Raum in eine
Universalbrühe tauchten. Das entsprach ja wohl jenen
eigenartigen Zuständen in der gewissenhaften und er-
schöpfenden Verwendung aller von der Industrie erzeugten
Neuheiten, aus denen die Ausstattungen vielfach zusam-
mengebaut wurden. Die Zutaten überwucherten damals
den Rauminhalt bis zum Erdrücken, so daß nirgends eine
Klärung da war, die irgend einer wichtigeren Sache ermög-
licht hätte, sich aus dem Wirrwarr herauszuheben. Das
war nicht mehr Angst vor einem Zuweitgehen, sondern
Empfindungsstumpfheit gegen die Forderungen der Har-
monie, deren Wesen den Gegensatz notwendig zur Vor-
aussetzung hat, die ohne Gegensätze undenkbar ist.

Ganz abgesehen von rein sachlichen, zwecklichen und
sanitären Vorzügen, die unsere neueren Wohnungen un-
verkennbar in hohem Maße aufweisen, ist ihr künst-
lerischer Gehalt zu allererst durch die Unterstreichung
von Gegensätzen wiedererweckt worden, und zwar da-
durch, daß die Grenzen der Flächen wieder durch Linien
verstärkt wurden und die Möbel durch Flächen; des
weitern, daß die Farbenreihe vereinfacht und verstärkt,
dem Licht sein volles Recht zurückgegeben und damit

;R GEGENSÄTZE.

die flauen, ausdruckslosen Schatten beseitigt wurden.
— Man ging zwar etwas gründlich aufräumend vor,
anfänglich zu sehr klügelnd rechnend, verstandeskühl
theoretisierend, aber doch mit jenem Erfolge, der über-
zeugt. Immerhin blieben noch genug jener alten frag-
würdigen Beispiele übrig zur ständigen Mahnung, nicht
wieder in die alten Fehler zu verfallen. Wir sollten
nun aber auch mit der Zeit eingestehen lernen, daß es
sich, — sowohl bei allen Einzelheiten in der Raumkunst
wie bei deren Zusammenstimmen zu Einheitswirkungen,
eben die Harmonie der Gegensätze umfassend, — im Kern
um Dinge handelt, über die man klar und greifbar reden
und demgemäß auch lehren kann. Wenn man bedenkt,
wie viel schon über Farbenharmonien verbreitet worden
ist, so muß man sich wundern, wie so selten für die
Praxis dabei etwas abfiel. Ähnlich ist es mit den
gelehrten Abhandlungen über proportionale Schönheit
gewesen, deren Nutzanwendung erst breiteren Boden
gewann, als man von graphischen Darstellungen und
zeichnerischen Übungen zu Übersetzungen in die Praxis
griff und Hand in Hand mit dem Brauchbaren der
Farbentheorie den Raum als solchen zur Einkleidung
und Umschließung farbiger Flächen und farbiger Körper
innerhalb der Aufgaben der Architektur behandelte. —■
Man macht neuerdings wieder Versuche, irgend einen
der historischen Stile abermals auf die Tagesordnung
zu setzen, um uns angeblich gewisse verloren gegangene
 
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