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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

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Baer, Casimir Hermann: Neue Wohnräume von J. Keller - Zürich
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0246

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228

[NNEN-DEKORATION

ENTW. U. AUSFÜHRUNG: J. KELLER—ZÜRICH. HERREN-ARBEITSZIMMER. EICHE GERÄUCHERT.

ferngehalten und einzig der Zweckerfüllung zu die-
nen versucht, stellt sich ganz ungerufen jene Selbst-
verständlichkeit, jene harmonische Vornehmheit ein,
die organisch erwachsenen Gebilden eigen ist.

Schließlich darf die Persönlichkeit, für die der
Raum geschaffen wird, nicht vergessen werden.
Es gibt keinen guten modernen Raum, der nicht
irgendwie einen Zusammenhang mit dem Bewohner
erkennen ließe. Und je mehr dann noch der
schaffende Künstler selbst die einzelnen Glieder
des Organismus mit seinem Geiste zu durchdringen
vermag, oder in selbstbeschränkender Rücksicht
auf den zukünftigen Bewohner beeinflussen darf,
desto individueller, desto freier gestaltet sich die
Neuschöpfung. Stets aber muß dabei bedacht
werden, daß »Raumkunst« keine reine Kunst ist,
sondern Nutzkunst und Zweckkunst, und daß sie
leicht zur Karikatur wird, läßt sie sich in Selbst-
überschätzung zu allzuhohem Flug verleiten. —

Daß Raumkunst »Innenarchitektur« bedeutet
und nicht vom Handwerker oder Industriellen allein
ausgeübt werden kann, ist heute ebenso allgemein
erkannt wie die Notwendigkeit, daß der Architekt,
der ja die Aufgabe hat, vor allem neuzeitliche

Wohnungen zu bauen, die Inneneinrichtungs-
kunst als ein wichtiges Teilgebiet seines Faches
betreibe. Dies ist zweifellos ein ganz bedeutender
Fortschritt in der Erkenntnis unserer Wohnungs-
kunst, der gesunde Weiterentwicklung verbürgt,
wenn der Innenarchitekt sich bewußt bleibt, daß
er engste Fühlung mit Handwerk und Industrie
nötig hat, daß aber die straffe Leitung der ganzen
Ausstattungsarbeiten in seiner, in einer kunstver-
ständigen Hand vereinigt bleiben muß, wenn anders
der jeder zweckentsprechenden Raumausbildung
notwendig zu Grunde liegende schöpferische Ge-
danke eine harmonische Ausbildung erfahren soll.

Je mehr sich Handwerk und Industrie solch
künstlerischer Führung verständig anpassen, desto
leichter wird der Architekt zu arbeiten vermögen,
desto größer aber wird anderseits die Selbständig-
keit jener, die mit der Zeit lernen, in dem vom
Künstler vorgezeichneten Rahmen ohne weitere
Beeinflussung bis in alle Einzelheiten tätig zu sein.

Naturgemäß sind die von Künstlerhand ent-
worfenen und von ersten Meistern ausgeführten
Raumgestaltungen verhältnismäßig teuer; der Mittel-
stand wird vorerst noch zumeist auf ihre Anschaf-
 
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