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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

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Breuer, Robert: Architekt Ernst Schneckenberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0307

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INNEN-DEKORATION

289

ARCHITEKT ERNST SCHNECKENBERG—BERLIN.

LANDHAUS ERDMANN. KUMMERSDORF IN D. MARK.

ARCHITEKT ERNST SCHNECKENBERG.

Ernst Schneckenberg gehört zu jener Art von Archi-
tekten, deren wir gegenwärtig mehr denn je be-
dürfen. Er ist ein Mann der Praxis und des Erreich-
baren, zugleich ein nicht zu beirrender Diener der
Qualität und des guten Geschmackes. Er ist ein
nüchterner, gesunder und tätiger Mann, dem alles
Problematische fremd blieb. Die Aufgaben des Tages
sind es, die ihn interessieren; ihnen sucht er Lösungen,
die das Finanzielle, das Technische und das Ästhe-
tische des modernen Baues gleichmäßig erfüllen. Jeder-
mann weiß, daß unter den Künstlern solche Realisten
auch heute noch selten genug anzutreffen sind. Schnecken-
berg bekennt, daß Häuser bauen soviel heißt, wie
Wohnstätten bereiten, Arbeitsräume menschenwürdig
gestalten, den Bedingungen des Bürgers und der Stadt
gehorchen. — Eine besondere Begabung hilft Schnecken-
berg, das Holz nach den Gesetzen der Bretter und
der Stäbe zu organisieren.

Zu seinen trefflichsten Arbeiten gehört das Treppen-
haus, das er für den kürzlich fertig gewordenen Erd-
mannshof in Berlin schuf. Die Welt des Holzes um-
fängt uns reinlich und warm. Mit jener edlen Wärme,
die wie ein Erinnern an Sonnenschein im Walde ist.
In Flächen, breit und edel, rhythmisch belebt, spannt
sich das Holz an den Wänden; kantig und hart stehen
die Rippen des Geländers. Sachliche Energie gesellt
sich der Sinnlichkeit eines natürlichen Komforts. Die

architektonische Tüchtigkeit dieses Treppenhauses wird
wie eine Befreiung empfunden, wenn man der Portikusse
und hochherrschaftlichen Vestibüle am Kurfürstendamm
gedenkt. Die Seuche der hinlänglich bekannten, aus
Bronze und Stuck gemischten Palasteingänge wird
durch solch ein vorzügliches Beispiel, wie Schnecken-
berg es leistete, gründlicher und offenbarer ad absurdum
geführt, als dies durch tausend ästhetische Predigten
geschehen könnte. Schneckenberg darf als nachahmens-
wertes Vorbild angerufen werden; seine Arbeiten sind
Schulbeispiele, sie bergen Lehrkräfte, sie offerieren sich
mit selbstverständlicher Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit
als Beispiel und gesichertes Wertmaß. So war es nur
berechtigt, diesen klugen und straff disziplinierten Archi-
tekten zum Lehrer für den Nachwuchs zu machen.
Er wurde an die Charlottenburger Kunstgewerbeschule
berufen. Beiden Parteien kann man ob solcher Wahl
Glück wünschen. Der Charlottenburger Anstalt wird
Schneckenberg die Entwicklung zu den unverbrüchlichen
Tugenden der Moderne (eine Entwicklung, die dieser
Anstalt, ausgenommen die bisher von Mohrbutter und
Pfuhle beeinflußten Klassen, dringend not tut) wesent-
lich erleichtern. Er selbst dürfte durch das Lehren
der primitiven Prinzipien und die logische Darstellung
des Unbedingten in der Architektur in erhöhtem
Grade die schlichte Schönheit des Notwendigen und
Wohltätigen finden lernen. — robert breuer—berlin.
 
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