Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 38.1922-1923

DOI article:
Heilmeyer, Alexander: Wasser und Brunnen in alter und neuer Symbolik
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.14165#0128

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
E. MAYER-FASSOLD

JOSEF UND POTIPHAR

E. MAYER-FASSOLD

ZWEI TÄNZERINNEN

sich mit dem linken Arm auf die Sphinx, das
Abzeichen des Landes. Die Kinder um ihn
sind so angeordnet, daß sie an seinen Gliedern
bis zum Kopfe herauf, jedes immer eine Stufe
höher steigen. Daher man das Ganze auch eine
symbolische Darstellung des Nilpegels genannt
hat. Am Fuße erscheint bei den Kindern ein
Krokodil und ein Ichneumon. Da das heilige
Krokodil im steigenden Nil vorkommt, so
wehren die Putto den Ichneumon, seinen Feind,
von ihm ab. Auf die Fruchtbarkeit des Nils
deutet das Wasser, das über den Sockel fließt,
worauf auch Wasserpflanzen abgebildet sind.
Die Fruchtbarkeit des Wassers kommt ferner-
hin zum Ausdruck in dem Füllhorn und den
Ährenbündeln. Mißwachs, der durch Über-
steigung der Pegelhöhe entsteht, wurde auf
einem Gemälde des Philostratus durch ein auf
dem Kopfe des Nils sitzendes Kind angedeutet.

In einer späteren Umdeutung erscheinen die
Nilkinder als Kalendergenien. Im Veitshöch-
heimer Hofgarten sind solche Kindergestalten
mit dem Hund (Syrius, Hundsstern), dem Krebs,
als kosmische Wasserzeichen dargestellt. Die
im dortigen Brunnen auftretenden Gazellen
gehören gleichfalls in diesen symbolischen Kreis.

Gazelle bedeutet Wasser. Da sie alle Stunden
uriniert, bezeichnete man sie auch als Wasser-
uhr. Nilbecher weisen auf den alten Gebrauch,
das geheiligte fruchtbare Wasser des Nils in
Krügen zu versenden, hin. In der dortigen
„Nilbahn" stehen auch Nilkrüge mit Lotosge-
winden, mit Osiris, Hörner- und Stiermasken.
Auch der Löwenkopf, der häufig als Brunnen-
maul vorkommt, gilt als Hieroglyphe für Wasser,
denn der Nil steht am höchsten, wenn die Sonne
ins Zeichen des Löwen tritt. In der antiken
Auffassung jagt der Löwe Nymphen, weil im
Stande des Löwen die ausdörrende Sonne die
Wasserquellen bald versiegen macht. Auch
Apollo mit dem Bogen und Daphne untersteht
einer in diesem Sinne symbolischen Deutung.

Unter den allegorischen Gestalten der Fluß-
gottheiten stellt die Statue des Nils den ältesten
und bekanntesten Typus dar. Die spätere Zeit
schuf eine Fülle ähnlicher Personifizierungen
von Flüssen als lagernde männliche Gestalten
mit schilfumwundenem Haar, bärtigem Kinn,
auf Urnen gestützt, aus denen Wasser fließt,
oft mit Ruder in der Hand oder sonstigen Ab-
zeichen, die auf lokale Eigentümlichkeiten und
Örtlichkeiten hinweisen. Seltener ist der Typus

116
 
Annotationen