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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 38.1922-1923

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Beringer, Joseph August: Mörike-Schwind-Album
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https://doi.org/10.11588/diglit.14165#0229

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MORITZ VON SCHWIND B ZEICHNUNG ZU MÖRIKES „MÄRCHEN VOM SICHEREN MANN"

MÖRIKE—SCHWIND-ALBUM*)

Wenn die Namen Moritz von Schwind und
Eduard Mörike laut werden, ist aller An-
laß zum Aufhorchen und Zusehen gegeben. In
diesen beiden Namen verbindet sich klassische
Innigkeit und Vornehmheit mit holdseliger Ro-
mantik, jubelvolle, schöpferische und gestalt-
klare Bildkunst mit dem Adel feinster Wort-
kunst; in diesem Werk offenbaren sich edelste
Rassen und lauterste Charaktere als Gestalter
innigsten Seelenlebens und herrlichster Freund-
schaft. Ein Wunder deutscher Kunst und Kul-
turhöhe gibt sich in voller Klarheit und Rein-
heit kund, jetzt, da unsere Zeit von allen gu-
ten Geistern deutscher Kunst und deutschen
Wesens verlassen zu werden droht.

W. Eggert-Windegg, der Spezialforscher und
-Kenner des Mörikeschen Schaffens, hat es in
gründlicher und langandauernder Arbeit unter-
nommen, das enge Freundschaftsverhältnis der
Meister von Wort und Bild auf den Ertrag der
künstlerischen Befruchtung zu untersuchen und
das Ergebnis in dem Album zusammenzufassen.

*) Mörike-Album von Moritz von Schwind. Herausgegeben
von W. Eggert-Windegg. 16 Tafeln in Lichtdruck mit Text.
Ausstattung von F. H. Ehmcke. München, C. H. Beck.

Die plastische Herausarbeitung des Themas ist
meisterlich gelungen. Mit Staunen und Ent-
zücken sieht man, wie Schwind das Leben und
Schaffen Mörikes in seinen Bilddichtungen
weiter dichtet, und wie Mörike aus den Schwind-
schen Kompositionen der hochfestliche Charak-
ter seines eigenen Werkes entgegenklingt, wie
also Schwind zum Schrittmacher und Wege-
bereiter für Mörike mit seiner bescheidenen Zu-
rückhaltung wird.

Gleich das erste Blatt des Aibums, die holde
„Muse in Cleversulzbach", gestaltet die Ört-
lichkeit und das Wesen der Mörikeschen Kunst
zu einem Symbol von stärkster Eindringlich-
keit und Innigkeit: das Pfarrhaus, die Kirche
mit dem von Mörike verherrlichten Turmhahn,
die Kindlichkeit und Reinheit seiner Kunst und
auch ihr Humor. Von Blatt zu Blatt wandelt
und vertieft sich Schwinds Einfühlung in Möri-
kes Dichterwesen und erreicht im „Sicheren
Mann" und in „Dorothea" Gipfelpunkte freien
Schaffens über ein gegebenes Thema. Man kann
in diesen Blättern die gemeinsamen Grundlagen
erblicken für die beiden Meistern eigentümliche
Musikalität ihres Gestaltens.

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