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BERNHARD SOPHER DIE FRAU DES POTIPHAR
(KLEINPLASTIK. BRONZE;
GRABMÄLER
Grabmäler zählen zu den ältesten Zeugnis-
stücken des menschlichen Verlangens nach
gewaltigen, tiefernsten, die Jahrhunderte über-
dauernden Denkmälern von sinnbildlicher Be-
deutung. Der Urmensch wälzte, als rohes und
dennoch erhaben wirkendes Mahnzeichen, den
schweren, ungefügen Findlingsfels auf die pri-
mitive Grabstätte. Formenplump, fast formlos,
gleichsam unverrückbar lastend, galt ihm der
naturbelassene Steinblock als Sinnbild des Un-
abänderlichen, des Ewigruhenden, da ihm ein
klarer Begriff der Unverlierbarkeit der Lebens-
kräfte mangelte. Der Mensch späterer, schon
geschichtlicher Zeit, zu tieferer Erkenntnis und
entwickelterer religiöser Empfindung gelangt,
sah in der Totenstarre nicht mehr das Ende
aller irdischen Dinge, sondern nur eine Über-
gangs-, eine Verwandlungserscheinung; er
wußte, daß das, was in der Jugend hell und
rein, im Alter wahr und erprobt und freudvoll
anmutend wirkt, der Ausfluß von Kräften ist,
wunderbar unvergänglichen, die nicht sterben
können, und gab dieser beseligenden Empfin-
dung schönen Ausdruck durch die künstlerische
Gestaltung des leblosen Steines, der nunmehr
nicht ein Gleichnis des Todes, sondern des
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BERNHARD SOPHER DIE FRAU DES POTIPHAR
(KLEINPLASTIK. BRONZE;
GRABMÄLER
Grabmäler zählen zu den ältesten Zeugnis-
stücken des menschlichen Verlangens nach
gewaltigen, tiefernsten, die Jahrhunderte über-
dauernden Denkmälern von sinnbildlicher Be-
deutung. Der Urmensch wälzte, als rohes und
dennoch erhaben wirkendes Mahnzeichen, den
schweren, ungefügen Findlingsfels auf die pri-
mitive Grabstätte. Formenplump, fast formlos,
gleichsam unverrückbar lastend, galt ihm der
naturbelassene Steinblock als Sinnbild des Un-
abänderlichen, des Ewigruhenden, da ihm ein
klarer Begriff der Unverlierbarkeit der Lebens-
kräfte mangelte. Der Mensch späterer, schon
geschichtlicher Zeit, zu tieferer Erkenntnis und
entwickelterer religiöser Empfindung gelangt,
sah in der Totenstarre nicht mehr das Ende
aller irdischen Dinge, sondern nur eine Über-
gangs-, eine Verwandlungserscheinung; er
wußte, daß das, was in der Jugend hell und
rein, im Alter wahr und erprobt und freudvoll
anmutend wirkt, der Ausfluß von Kräften ist,
wunderbar unvergänglichen, die nicht sterben
können, und gab dieser beseligenden Empfin-
dung schönen Ausdruck durch die künstlerische
Gestaltung des leblosen Steines, der nunmehr
nicht ein Gleichnis des Todes, sondern des
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