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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 38.1922-1923

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Bredt, Ernst Wilhelm: Von Kubin, Bosch und Klinger
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https://doi.org/10.11588/diglit.14165#0311

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ALFRED KUBIN

UNGLÜCK ÜBER UNGLÜCK

VON KUBIN, BOSCH UND KLINGER

Eine so außergewöhnliche künstlerische Er-
scheinung, wie die Kubins, reizt vielmehr
zu Fragen nach ihrer geistigen und formalen
Herkunft an, als das Werk anderer Künstler,
deren Art sich in dem breiten Strom gewisser
Richtungen auflöst.

Kubins Name ist offenbar slawisch. Aber
was sagt das? Chodowieckis Name ist polnisch,
doch dürfte es schwer sein, das Polnische in
seiner Kunst festzustellen. Liszts Name klingt,
wie seine Rhapsodien, madjarisch, und doch
gibt der gründliche Ausweis seiner Familien-
papiere, geben unanfechtbare Äußerungen in
Worten und Werken des Komponisten andere
Auskunft. Andrerseits kamen Dürers Eltern
von Ungarn. Wer wagt ihn deshalb einen
Madjaren zu nennen? Nietzsche erklärt sich
im „Ecce homo" für einen Polen. Hat er
recht? Veit Stoß, ein lieber Ruhm deutscher
Bildnerkunst, wird von den Polen beansprucht.

Sicheres ist über seine Stammesangehörigkeit
nicht zu sagen. Das Geheimnisvoll-Tastende,
Fremde, zumal in seiner Graphik (man kann
bei ihm schon an Wesentliches der Kubinschen
Graphik denken), unterstützt mit vieldeutigem
Reiz den Anspruch verschiedener Nationali-
täten. Haben wir nicht Dichter von echt deut-
scher Herzlichkeit und doch rein französischem
Namen? Für die Psyche der Rassen und Völ-
ker sind diese Fragen von großer Bedeutung.
Antworten aber gibt das Bekenntnis der Künst-
ler selbst, gibt die Aufnahme solcher Künstler
bei dem oder jenem Volke. Mancher Gewaltige
stand zwischen verschiedenen Völkern. Auch
Kubin erwuchs zwischen verschiedenen Völkern.

Nach den Angaben, die er mir über seine Fa-
milie und Abstammung gemacht, ist auch seine
Familie ein typisches Beispiel für die Völker-
vermischung im alten österreichischen Kaiser-
staat. Wurden doch zumal die k. k. Beamten

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