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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 38.1922-1923

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Weiss, Konrad: Franz Naager
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https://doi.org/10.11588/diglit.14165#0332

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FRANZ NAAGER

Die Kunst Franz Naagers bietet ein nicht
alltägliches Beispiel einer lebendigen Mi-
schung von Tradition und persönlichem künst-
lerischem Zugriff. Das Nacherleben eines glän-
zenden künstlerischen Stils mit grandseigneur-
haftem Zuschnitt in einer heute merkwürdigen
und doch echten Wahlverwandtschaft, das ist
der eine Zug in Naagers künstlerischem Schaf-
fen; er wird gestützt und lebendig gehalten
durch die zugleich instinktive und kultivierte
malerische und dekorative Sicherheit eines un-
ermüdlichen künstlerischen Temperaments. Eine
solche Kunst, die sich aus der Nachblüte großer
Perioden in einem erinnerungsreichen und doch
freien, gewissermaßen ungebundenen Stil her-
ausbildet, ist nicht geeignet zu Vergleichen mit
der künstlerischen Problematik der Gegenwart;
sie folgt keinem neuen Programm und ist dem-
nach nicht mit den stilistischen und inhaltlichen
Tendenzen der Zeitstimmung, weder in einem
thematisch vertieften noch in einem formal
forcierten Sinne beladen.

Daß sie dies letztere nicht ist, also sich auch

mit mancherlei die Gegenwart bewegenden
äußeren Formalismen und Sentimentalisierun-
gen im künstlerischen Dasein in nichts ver-
gleicht, kann allerdings als ein besonderer Vor-
zug angemerkt werden, durch den sich das
ältere Künstlertum häufig und bei Naager be-
sonders deutlich charakterisiert. Man darf eine
solche Anmerkung immerhin machen, wenn
man ein in der rein künstlerischen Beweglich-
keit entwickeltes Schaffen in der Gegenwart
noch in unbekümmerter Tätigkeit sieht und
dagegen die oft äußerliche und polierte und
in ihrer Tendenz dabei unangenehme Gesin-
nungsmäßigkeit mancher mehr modernen Kunst
bedenkt, gegen die das ältere künstlerische
Element als sein bestes Teil eben die tempera-
mentvolle, geschmackliche und besonders deko-
rativ übersprudelnde Sicherheit zu setzen hat.

Es handelt sich indes hier um einen Blick
auf das Schaffen eines Künstlers, der das
50. Lebensjahr noch nicht weit überschritten
hat und jetzt die Tätigkeit seiner letzten Zeit
in der Hauptsache vor Augen bringt. Entspre-

D-c Kunst für Alle. XXXVIII. August 1923

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