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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 42.1926-1927

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Neue Kunstliteratur
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NEUE KUNSTLITERATUR

Die holländische Landschaftskunst 1600
bis 1650 von Rolph Grosse. Mit 121 Abbil-
dungen. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart, Berlin
und Leipzig 1925.

Neben Bode und den übrigen anerkannten
Forschern sich auf dem viel begangenen Gebiet
der holländischen Malerei behaupten zu wollen,
ist immerhin gewagt. Der Verfasser hat seine
Aufgabe auf die Landschaftsmalerei eines abge-
grenzten Zeitraumes beschränkt. Wer von dem
Buche keine künstlerischen Anregungen und auch
keine umwälzenden neuen Forschungsergebnisse
erwartet, wird es brauchen können. Fs ist gleich-
sam ein ausführlicher kritischer Katalog. Es ist
gleichsam ein sehr scharfsinniger Extrakt, unter
Zugrundelegung vor allem formaler entwick-
lungsgeschichtlicher Analysen mit anregenden,
bisweilen aber doch ein wenig zu weit vorstoßen-
den Vergleichen. Dieses Bemühen um den Nach-
weis allerdenkbaren oder möglichen Beziehungen
und Entlehnungen bedeutet eine nicht zu unter-
schätzende Gefahr für die Einzelpersönlichkeit.
Zumal über die Richtigkeit mancher Beobach-
tungen und vor allem auch mancher Datierungen
durchaus gestritten werden kann. Und gerade in
den Datierungsfragen weicht der Verfasser oft
erheblich von bisher unbestrittenen Feststel-
lungen ab. Daß auch die Radierungen und Zeich-
nungen in guten Abbildungen verhältnismäßig
zahlreich mit herangezogen werden, macht das
Buch zu einem nicht unwichtigen Nachschlage-
werk für Liebhaber und Sammler. N.

Bernhard Berenson. Die Maler der ita-
lienischen Benaissance. 1. Die Mittelitalieni-
schen, 2. Die Florentiner, 5. Die Oberitalienischen,
4. Die Venezianischen Maler. Kurt Wolff Ver-
lag, München.

Bobert West hat eine wirklich vorzügliche, mit
einfühlendem, feinstem Verständnis geschriebene
deutsche Ubersetzung dieser bekanntlich im
Jahre 1896 in englischer Sprache erschienenen
vier Bändchen geboten. Der Verlag hat sie mit
klug gewählten, guten Abbildungen ausgestattet,
Den Lesern ist hiermit in sicherlich für viele, die
des Englischen nicht so kundig sind, sehr ange-
nehmer Weise das Studium dieses Werks, das
durchaus nicht veraltet ist, erleichtert. Man mag
dem oft reichlich eigenwilligen, ja doktrinären
Standpunkt des bekannten Gelehrten oft genug
auch ablehnend gegenüberstehen, man wird aber
immer gefesselt und interessiert. Ja. man wird an
der temperamentvollen, oft sarkastischen und
immer bilderreichen und anschaulichen Dar-
stellungsweise, die sich gern in breit ausladende.

allgemeine theoretisierende und ästhelisierende
Betrachtungen nachdenklichsten Inhalts verliert,
gerade jetzt der deutschen Ausdrucksweise halber
seine Freude haben können. Nicht zum wenig-
stens seines ernsten religiösenStandpunktes wegen.

N.

Die Kunst des 20. Jahrhunderts von Carl
Einstein. Im Propyläen-Verlag zu Berlin 1926.
Es ist unbegreiflich, wie der Verlag, der bis-
her so Ausgezeichnetes geboten hat, mit diesem
XVI. Bande seiner Propyläen-Kunstgeschichte
einen derartigen Mißgriff tun konnte.
Ist schon Kritik an zeitgenössischer Kunst an sich
ein Problem, so ist eine Kunstgeschichte des Jahr-
hunderts und der Generation, in denen wir leben,
eine geradezu groteske Unmöglichkeit. Auch
macht sich schneidender und schreiender wie in
anderen Fällen gerade dieser so ganz auf Farbe
eingestellten zeitgenössischen Malerei gegenüber
das alte, oft beklagte Mißverhältnis zwischen far-
bigem Original und Wiedergabe in Schwarzweiß,
von wenigen bunten Tafeln abgesehen, geltend.
Ein Mißgriff war es aber auch, gerade diesen Ver-
fasser mit der an sich schon unmöglichen Aufgabe
zu betrauen. Liest man den auf geistreichelnden,
fast nur literarischen Formulierungen beruhen-
den, mit Antithesen und Paradoxen jonglierenden
Text, für den an manchen Stellen geradezu eine
Ubersetzung in verständliches Deutsch erforder-
lich wäre, so fragt man sich, wem zur Freude
oder zum anregenden Genüsse er geschrieben ist.
In der überwiegenden Mehrzahl steht dieser son-
derbare Text den aufgeführten Künstlern mit eis-
kalter, mürrischer Verneinung gegenüber. Wo aber
dieser sonst stets verneinende, spottende Geist zu
einer Bejahung kommt, verblüfft die eigenwillige
Willkür in der Auswahl der wenigen Künstler,
die, wie Kirchner und Schmidt-Rotluff, dann
ekstatisch erhöht werden. Wollte man etwa
seine Freude an dem ,.Verreißen" mancher
Künstler haben, so wird einem dies durch den
unleidlichen Stil gründlich verekelt. Das ist Form-
zertrümmerung der Sprache, die wir also nun
neben aller sonstigen Formzertrümmerung auch
noch erleben. Daß der Text außerdem mit aus-
einandergerissenen Zitaten gespickt ist, erschwert
noch weiter die Aufnahmefähigkeit des gequälten
Lesers.

Daß aber in einem Bande, der Kunstgeschichte
der Zeit übermitteln will, von der Baukunst und
den graphischen Künsten gar nicht, von den Bild-
hauern so gut wie gar nicht die Rede ist, das ist
unverzeihliche Sünde gegen den Geist aller Kunst-
geschichte. Nasse

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