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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 42.1926-1927

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Nasse, Hermann: Mittelalterliche Bronzetüren
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Werner, Bruno E.: Herbstausstellung der Akademie der Künste, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.14162#0213

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merkenswert ist unter anderem Goldschmidts
Beobachtung, daß hier die Löwenköpfe stärkeren
Tiercharakter aufweisen.

Daß über die ikonographische Deutung der
Augsburger Flügel bisher keine Einhelligkeit
erzielbar war, ist wohl nicht unbekannt. Um so
lieber stimmen wir hier dem Texte zu, wenn
er nachweist, daß es sich in Augsburg um zwei
sich völlig entsprechende Flügel eines Doppel-
portals handelt, von denen der linke in Unord-
nunggeraten und durch Zwischenfügungen ver-
breitert ist. Dann lassen sich auch aus der Kennt-
nis der mittelalterlichen Prototypik und Sym-
bolik, besonders der Tiersymbolik, heraus die

einzelnen, bisher so rätselhaften, mehrfach auch
doppelt vorkommenden, figürlichen Darstellun-
gen der Reliefs zwanglos deuten, vielleicht auch
lediglich als Symbol des Guten und des Bösen
jener schießende Kentaur und der Löwe, für
deren Erklärung der \ erfassen* selbst noch nichts
Bestimmtes vorscblagen will. Deutet man mit
ihm die Frau, die Hühner füttert, mit dem De-
zember (Winter), so sind die drei anderen Jah-
reszeitensvmbole ohne weiteres einleuchtend.
Dann haben wir in der Tat, wiewohl von meh-
reren Händen, ähnlich wie in Unteritalien und
Venedig, vor uns den Kreislauf der Zeit und
alle Kämpfe gegen die Sünde. Nasse

HERBSTAUSSTELLUNG DER AKADEMIE DER KÜNSTE, BERLIN

Die jährliche Schwarz-Weiß- und Aquarellaus-
stellung wurde durch eine Rede Max Lieber-
manns eröffnet. Sie sticht auf eine vorteilhafte
W eise von der Gemäldeausstellung des Früh-
jahrs ab. Sie besitzt mehr Gesicht und erweckt
zugleich den Eindruck größerer Weite; nicht
zuletzt zeigt sie eine Reihe von Beden tsamkei ten,
die man im Frühjahr vermißte.
Dies liegt wohl weniger an der vorgenommenen
Auswahl, als vielmehr an dem Darstellungs-
objekt selbst. Scheint es doch, als ob die alte
deutsche Eigenschaft, im Zeichnerischen, in der
Kunst des Griffels und des Holzschnitts stärkere
und mehr Kräfte als in der Kunst der Farbe,
im Malerischen zu besitzen, gerade in unserer
Zeit wieder klarer zutage tritt. In den gra-
phischen Künsten besieht eine größere An-
zahl von Talenten, mit einer Reichhaltigkeit,
mit einer Eigenart des Ausdrucks, mit einer
Charakteristik, die oft bis zur Tiefe führt, wie
sie andere Länder kaum aufzuweisen haben.
Wie viele aber gibt es, die in der Farbe meist
versagen, und bei denen man erst hier erkennt,
daß man einen Künstler von höchster Eigenart
vor sich hat.

Besonders bemerkenswert ist die große Reihe
starker illustrativer Talente. Es gibt mehrere

Künstler, denen man wünschen möchte, daß
sie sich ausschließlich der Graphik zuwenden
und daß sie erkennen mögen, daß hier ihre
wesentliche Leistung liegt. Beschränkung kann
hier zur Bedeutung führen. Illustrativ zu sein, ist
kein verminderndes Werturteil. Und ein be-
deutender Illustrator ist weit mehr als ein mittel-
guter Maler!

Künstler wie Zille, Th. Th. Heine und Gulbrans-
son haben diese klare Bahn beschritten und stellen
in ihrer Y erschiedenheil einTrio dar, dem schon
eine internationale Bedeutung zukommt. Heine
zeigt seine messerscharfen Simjjlizissimuszeich-
nungen, Zille seine Erlebnisse des Nordens,
festgehalten in einem berlinischen Realismus,
in dem ebensoviel unerbittliche Klarheit wie
versteckte Liebe sich befindet. Gulbransson
führt in dünner Linie einige vorzügliche Por-
trätköpfe vor. Seinen Märchenillustrationen
bekommt jedoch die Gulbranssonsche Klarheit
weniger. Die Märchen büßen ein wenig von ihrem
irrationalen Reiz ein. Josef Hegenbarth zeigt eine
phantasievolle Folge aus dem 30jährigen Krieg.
Auch Ferdinand Spiegel ist hier zu nennen,
Georg Walter Rössner, Alexander und Ernst
Oppler, Hans Meid und Magnus Zeller mit
bemerkenswerten Aquarellen aus Marseille und

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