MAX PECHSTEIN. KALTER NOVEMBER MORGEN
Akademieausstellung, Berlin
VINCENT VAN GOGH: ÜBER DIE AUFGABEN DER MALEREI
Ich verfolge keinerlei System beim Malen, ich
haue auf die Leinwand mit regellosen Strichen
und lasse sie stehen. PastosiläLen — unbedeckte
Stellen hier und da — ganz unfertige Ecken —
Ubermalungen— Brutalitäten, und das Resultat
ist (ich muß es wenigstens annehmen) zu be-
unruhigend und verstimmend, als daß Leute,
die auf Technik sehen, daran Gefallen finden
können.
Wenn ich so direkt immer nach der Natur male,
suche ich in der Zeichnung das Wichtige auf-
zufassen. Dann fülle ich die durch den Kontur
begrenzten Flächen (ob sie nun geglückt sind
oder nicht: empfunden sind sie jedenfalls) mit
vereinfachten Tönen aus. In allem, was Terrain
ist, muß derselbe violette Ton vorkommen, der
ganze Himmel muß im Grunde in einem blauen
Ton gehalten sein, das Laubwerk blaugrün oder
gelbgrün (wobei man absichtlich das Gelb oder
Blau betonen muß) — mit einem Wort, keine
phot ographische Nachahm ung, das ist die Haupt-
sache!
Es scheint mir immer mehr und mehr, daß die
Bilder, die gemalt werden mußten, die notwen-
digen und unumgänglichen Bilder, wenn die
Malerei die heitere Höhe der griechischen Bild-
hauer, der deutschen Musiker, der französischen
Romanschriftsteller erreichen will, die Kraft
eines einzelnen Individuums überschreiten. Sie
müßten also demnach von einer Gruppe Künst-
ler ausgeführt werden, die sich verbinden, um
eine gemeinsame Idee auszuführen. Zum Bei-
25
193
Akademieausstellung, Berlin
VINCENT VAN GOGH: ÜBER DIE AUFGABEN DER MALEREI
Ich verfolge keinerlei System beim Malen, ich
haue auf die Leinwand mit regellosen Strichen
und lasse sie stehen. PastosiläLen — unbedeckte
Stellen hier und da — ganz unfertige Ecken —
Ubermalungen— Brutalitäten, und das Resultat
ist (ich muß es wenigstens annehmen) zu be-
unruhigend und verstimmend, als daß Leute,
die auf Technik sehen, daran Gefallen finden
können.
Wenn ich so direkt immer nach der Natur male,
suche ich in der Zeichnung das Wichtige auf-
zufassen. Dann fülle ich die durch den Kontur
begrenzten Flächen (ob sie nun geglückt sind
oder nicht: empfunden sind sie jedenfalls) mit
vereinfachten Tönen aus. In allem, was Terrain
ist, muß derselbe violette Ton vorkommen, der
ganze Himmel muß im Grunde in einem blauen
Ton gehalten sein, das Laubwerk blaugrün oder
gelbgrün (wobei man absichtlich das Gelb oder
Blau betonen muß) — mit einem Wort, keine
phot ographische Nachahm ung, das ist die Haupt-
sache!
Es scheint mir immer mehr und mehr, daß die
Bilder, die gemalt werden mußten, die notwen-
digen und unumgänglichen Bilder, wenn die
Malerei die heitere Höhe der griechischen Bild-
hauer, der deutschen Musiker, der französischen
Romanschriftsteller erreichen will, die Kraft
eines einzelnen Individuums überschreiten. Sie
müßten also demnach von einer Gruppe Künst-
ler ausgeführt werden, die sich verbinden, um
eine gemeinsame Idee auszuführen. Zum Bei-
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