Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 42.1926-1927

DOI Artikel:
Meier-Graefe, Julius: Ein Münchner Bild von Hans von Marées: zur Erinnerung an den 5. Juni 1887
DOI Artikel:
Werner, Bruno E.: Frühjahrsausstellung der Preussischen Akademie der Künste
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14162#0362

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
her sein Dasein gefristet hatte. Er gewann den
Raum und lernte, die Gestalten sicherer in den
Raum zu stellen. Die Palette ist die gleiche
wie im „Bad der Diana", aber die Nuancen sind
ungleich reicher und nähern sich dem Reiz des
Kabinettstücks, wie Schack die „Schwemme"
nannte. Die Pferde haben nichts mehr von dem
Spezialismus des Pferdemalers, sondern sind
bei aller Natürlichkeit Träger eines Rhythmus,
der den Gegenstand des Zufälligen entkleidet
und ihn in eine biblische Legende verwandelt.
Das Bild blieb bis zum vorigen Jahr im Besitz
der Familie des Käufers, Baron von Biel in
Mecklenburg, der es i863 für 500 Gulden kaufte.
Dieser Rekordpreis könnte falsche Vorstellun-

gen erwecken. Wohl durfte sich Marees da-
mals als erster Maler Münchens fühlen, und in
einem kleinen Kreis von Künstlern hat man
ihm diesen Titel nicht verwehrt, aber der Nim-
bus blieb von materiellen \ orteilen unberührt.
Als i86i Marees sein Bündel schnürte und sein
Atelier liquidierte, verschenkte er die meisten
Bilder, und die anderen wurden für fünfzig
Kreuzer bis zu fünf Gulden verkauft. Für das
„Bad der Diana" mußte Lindenschmit zehn
Gulden zahlen. Dann kam gar bald die Zeit,
da niemand außer Fiedler umsonst etwas von
ihm wollte, und das bat ohne Unterbrechung
bis zu seinem Tode gedauert. Am 5. Juni hat
sich der Todestag zum vierzigsten Male gejährt.

Julius Meier-Graefe

FRÜHJAHR SAUS STELLUNG
DER PREUSSISCHEN AKADEMIE DER KÜNSTE

Angesichts der 400 Gemälde und Plastiken, die
die achtzig jährigen Anerkannten derVergangen-
heit und die 25jährigen Kämpfenden der Zukunft
umschließen, verspürt man kaum eine sonder-
liche Erregung. Man durchschreitet die Säle, zu-
weilen hält man interessiert inne, eine tiefe Be-
troffenheit, die das große Kunstwerk auslösen
soll, stellt sich nicht ein.

Das mag nicht allein daran liegen, daß der-
artige Kunstwerke überhaupt fehlen, sondern
mehr noch daran, daß der heutige Kunstbetrieb
eine völlige Ermüdung dem Ausstellungswesen
gegenüber gebracht hat. Das Tempo unserer
Epoche verhindert ganz das Einsetzen jener
Kristallisation, die zum Kontaktschluß und zur
Einfühlung erforderlich ist. Die Akademieaus-
stellung mag ein wenig blasser wie andere Jahre
sein. Der Grund der Enttäuschung liegt aber
nach wie vor an der schweren Krise des Aus-
stellungslebens und des Kunstschaffens über-
haupt. Auch im Kunstschalfen muß jene schöp-
ferische Ruhe einsetzen, die eine Kristallisation
ermöglicht. Und nur diese wieder kann einem

Künstlergeschlecht Sicherheit und Gewicht ver-
leihen, die heute fehlen. Daß hier unter der
Oberfläche sich Dinge dieser Art vorbereiten,
kann man deutlich spüren. Und die Kraft des
Wollens, mit der alle Schaffenden gemeinsam
nach einem unbekannten Ziel streben, ist dieser
Hoffnung bestes Unterpfand.
Das Schwergewicht in den bildenden Künsten
hat sich im letzten Jahrzehnt stark in Richtung
auf die Plastik verschoben. Deutlich wird dies
auch in dieser Ausstellung. Die Plastik verdient
es, bei einer Besprechung der Malerei vorgezogen
zu werden.

An der einen Mittelwand des großen Saales steht
Edwin ScharffsHindenburg-Büste. Überlebens-
groß, stellt sie eine glückliche Vereinigung von
Monumentalität und ziviler Menschlichkeit dar.
Es ist ohne Zweifel die beste Büste, die bisher
vom Reichspräsidenten gemacht wurde.
Im gleichen Raum befindet sich das große Gips-
modell „Kriechende" von Georg Kolbe. Sie
soll in Stein für den Hamburger Stadtpark aus-
geführt werden. Sie geht weit über das Tänze-

330
 
Annotationen