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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 42.1926-1927

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Werner, Bruno E.: Karl Hofer
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Wolf, Georg Jacob: Die Verlebendigung der Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14162#0229

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bereits eine neue Farbskala in ungewöhnlicher
Reinheit aus ihnen leuchtet. Da liegt eine nackte
Frau vor einem gelben Badeteppich, von dem
sich ein zartviolettes Kissen abhebt. Oder und
vor allem sind es die italienischen Landschaften,
die in den letzten beiden Jahren entstanden.
Diese Bilder aus dem Tessin zeigen nicht jene
getürmten Kuben, die das konstruktivistische
Wollen der Gegenwart nun schon allzu häufig
verkünden. Man sieht Häuser und Kirchtürme
mit flachen Giebeldächern, die sich im hellen
Schlaglicht einer Mittagssonne scharf beschattet
von den dunklen Kulissen des Gebirges abheben,
oder Dörfer oder Etagenhäuser mit spärlichem
Grün, aber in einer neuen Leuchtkraft der Far-
ben, die streng und von unendlicher Klarheit ist.
Es ist in Deutschland nicht häufig, daß ein Maler
von Bedeutung, der nicht Iutellektualist, sondern
vor allem Künstler ist, bewußt nach einem sol-
chen groß angelegten Plan arbeitet. Das Werk
gibt ihm recht, und man müßte Außergewöhn-
liches von einem solch überlegenen Schaffen
erwarten.

Durch all diese Bilder geht ein frühlingshafter
Zug, wie wir ihn auf gewissen Bildern des Quat-
trocento wiederfinden. Es ist eine knospenhafte
Zartheit etwa in der Berührung zweier Lieben-
den, die zugleich herb und fast bäuerlich ist,
so daß man an keinen anderen als den Umbrier
Signorelli denken muß. So sind etwa die drei
sich umarmenden Frauen der „Auferweckung
der Toten" im Dom von Orvieto in ihrer ge-
strafften Konturierung, in der Gradlinigkeit
ihrer L berschneidungen, in der Zurückhaltung

ihrer zarten Umarmung, in ihrem bräunlichen
Farbton aus einem verwandten Stilwillen ge-
schaffen worden.

Hofer ist Süddeutscher. Wüßte man dies nicht,
so wäre man versucht, bei oberflächlicher Be-
trachtung, in solch betonter straffer Diszipli-
nierung fast etwas Preußisches zu sehen. Aber
ein tieferes Erfassen dieser Kunst mit ihrem
Erbe an alter malerischer Kultur verweist sie
nach Süddeutschland und zeigt, daß ihre Wur-
zeln auch jenseits des Rheins liegen. Ein solcher
W ille zur Klarheit, eine solche Eindämmung
der Gefühlswerte, eine solche Stereometrie der
Bildaufteilung ist sonst nur in Frankreich zu
finden. Sie geht gradlinig auf den zurück, der
als erster nach einer Form Verfestigung wieder
strebte: Cezanne. Und die Wiederkehr jenes
Harlekin des „Mardi Gras" ist mehr als eine
rein stoffliche Übernahme.

Bewußt schreitet Hofer auf diesem Y\ ege weiter.
Die Parallelen zu dem Alters- und Generations-
genossen Andre Derain bei Ausschaltung jeder
gegenseitigen Beeinflussung werden auch dem
stumpfesten Blick offenbar. Aber während der
Franzose ohne stärkeres Bemühen sein persön-
liches Empfinden zurückdrängt und eine sach-
liche, fast unbeteiligte Wiedergabe zu malen
versucht, so spürt man bei Hofer einen hoch-
gespannten VV illen, der das Gefühlsmäßige un-
erbittlich zurückhält, bis es sich, hervorbrechend
aus dem Reichtum einer starken Persönlichkeit,
heimlich und fast unbewußt wieder ins Bild
schleicht. Und das ist des Malers deutsches

Gesicht. Bruno E. Werner

DIE VERLEBENDIGÜNG DER MUSEEN

Als Ludwig L von Bayern seine persönlichste
und charakteristischste Kunstsammlung, die
Glyptothek, erbauen ließ, verlangte er, wie
Klenze in seinem Bericht überdas Bauprogramm
mitteilt, neben den eigentlichen Sammlungs-
räumen, die des Königs Antiken aufnehmen
sollten, Festsäle, welche bei innerer Beleuchtung
des Gebäudes zurVersammlung der Gesellschaft
dienen sollten, während dessen die eigentlichen

Antikensäle noch dunkel sind. Ludwig dachte
nach dem auch von Goethe in seiner „Italieni-
schen Reise" mitgeteilten römischen Vorbild
seine Antikensammlung durch Fackelbeleuch-
tung zu verlebendigen, und in der Tat erfolgte
u. a. im Jahre 1828 eine solche Beleuchtung,
über deren „zauberische Wirkung" Schorn in
seinem Kunstblatt berichtet.
Es sei gerne zugegeben, daß es zunächst eine

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