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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 42.1926-1927

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Heyne, H.: Deutsch-römische Malerei 1799-1830 im Kunstverein und Museum der bildenden Künste, Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.14162#0085

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Im Oberlichtsaal reiht sich Perle an Perle. Die
Führer der landschaftlichen Erneuerung: Rein-
hart, Koch und ihre Anhänger, wie der Nieder-
länder Voogd sind in auserlesenen großen und
kleinen Ölgemälden aus Museums- und Privat-
besitz vertreten, Koch kann hier wie noch nir-
gends in seiner ganzen Entwicklung, die reich
an Schattierungen ist, studiert werden. Die Ent-
deckung eines delikaten und doch strengen Far-
bensinnes (wie ihn z. B. das auf Grau und Vio-
lett gestellte Gemälde der kämpfenden Stiere
bei Olevano aus Berliner Privatbesitz aufweist)
wird man hier bei dem eigentlich als zeich-
nerische Potenz Berühmten machen. Ihnen reiht
sich der balladenhafte Fohr, entschieden das
größte Genie dieses Kreises in malerischer Hin-
sicht und der lyrische Ludwig Richter an. Die
Gebrüder Olivier, von denen nur Friedrich in
Italien war, die aber beide dem nazarenischen
Stoßtrupp in Wien angehörten, geben der neuen
Landschaftskunst einegiorgioneske und eine in-
tim realistisch deutsehe\ote(FerdinandsW erke).
Der Rheinländer Ramboux steigert sie zu einer
fast expressionistischen Raumschichtung und
Licht- und Schattenverteilung, dem gegenüber
der ungebunden realistische Calel, vor allem
aber Martin V.Rohden und Dillis in allmählicher
Steigerung bis zur neuzeitlichen Freilichtauffas-
sung führen.

So rundet sich der Gesamteindruck der deutsch-
römischen Landschaftskunst zu einem Bilde von
großartiger Spannweite. Dazwischen sind Over-
beck, Schnorr v. Carolsfeld. Cornelius, Phil, und

Joh. Veit, Friedrich Olivier, Heinrich Heß mit
den frischesten und typischsten Stücken ihrer
Figurenkompositionen und Porträlkunst ver-
treten. In den Xebensälen wird die Bedeutung
der Künstler für die Schöpfung einer neuen
Monumentalmalerei — ihr höchstes Ziel — an
Skizzen, Aquarellen.Zeichnungen, Freskoprobe-
arbeit, Ölgemälde einer Wand der Casa Bar-
tholdy (als Ersatz für die in der Ausstellung
nicht darstellbaren Fresken der Casa BarthoJdy
und der Villa Massini, an denen ja alle führen-
den Deutsch-Römer beteiligt waren) heraus-
gearbeitet. Die wunderbare Zeichenkunst des
jungen Schnorr kommt in seinen italienischen
Landschafts- und Aktzeichnungen, sowie Fi-
gurenkompositionen und den Federzeichnungen
zu einem Angelikazyklus überragend zu Be-
wußtsein. Ahn lieh Carl Fohr als Porträtzeichner
des römischen Künstlerkreises. Mit gleichwer-
tigen Stücken füllen die andern bereits genann-
ten Künstler, ferner der früh verstorbene Horny
mittektonisch wirkenden Aquarellen und Zeich-
nungen, Heinrich Reinhold, Ernst Fries (auch
mit kleineren Gemälden), Klein, Erhard, der
Bildhauer Eberhard u. a. noch einen Museums-
saal und die Räume der Graphischen Samm-
lung. Man kann behaupten, daß ein so eindring-
liches Gesamtbild durch die Zusammenordnung
der sonst nur versprengt zusehenden oder auch
in schwer zugänglichem Privatbesitz verbor-
genen Kunst dieser Periode noch nie geboten
wurde und nicht so bald wieder zu erleben sein

wird. Dr. H. Heyne

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