Man ist daher aufs äußerste er-
staunt und höchst angenehm über-
rascht, wenn man das Bilderwerk
über Sizilien in die Hand nimmt,
das unlängst im Verlag F. Bruck-
mann in München erschienen ist;
denn hier sieht man sich mit
einem Male einem ganz neuen
Sizilien gegenüber. Und dabei hat
jeder, auch wer noch nie in Sizi-
lien gewesen ist, sofort das Emp-
finden, daß dieses Sizilien endlich
das echte, wahre und tatsächliche
sein muß. Der Zauberer, der die-
ses Wunder gewirkt hat, ist Paul
Hommel in Stuttgart. Er ist ein
Virtuose der Landschaftsphoto-
graphie, als Techniker zunächst;
und so muß es auch sein. Aber
er besitzt außerdem noch die sel-
tene Gabe, das Charakteristische,
Wesentliche und Spezifische her-
auszufinden und Natur und Men-
schenwerk ohne Verkünsteleien
und Verfälschungen genau so
wiederzugeben, wie sie sich dem
Auge darbieten; wobei natürlich
die Veränderung zu berücksichti-
gen ist, die durch die Übertragung
aus der Vielfarbigkeit in das ein-
fache Schwarz-Weiß sich von
selbst ergibt. In diesen wunder-
vollen, übrigens auch glänzend
reproduzierten Aufnahmen er-
steht, was nicht zuviel gesagt ist,
Sizilien zum erstenmal in seiner
absoluten Wirklichkeit, in seiner
unvergleichlichen Schönheit und
Eigenart vor uns. Bei vielen Motiven, die wir entdecken kann, und zwar, ohne daß den Mo-
längst auswendig gekonnt zu haben glauben, tiven irgendwie Gewalt angetan wird, sondern
ist es uns wahrhaftig, als erlebten wir sie eben nur dadurch, daß der Photograph den besten
jetzt erst. Und man frägt sich, fast ärgerlich, Standort, die passendste Beleuchtung und den
wo denn nur eigentlich die Photographen geeignetsten, d. h. wirksamsten und zugleich
(und auch die Künstler!) früher ihre Augen wirklichkeittreuesten Ausschnitt wählt. Über
gehabt haben mögen, daß ihnen das alles das stilistisch vollendete und ungewöhnlich ge-
entgangen ist. Oder haben sie es gesehen und haltvolle Vorwort von Hugo von Hofmannsthal
nur nicht den Mut gehabt, von der durch die ist zu sagen, daß es stolz und edel wie ein antiker
Publikumsnachfrage geheiligten Schablone ab- Torbogen am Eingang des Buches steht und daß
zuweichen? Aber wie dem auch sei: Paul Hommel man in der allerbesten Stimmung für bedeu-
hat jedenfalls mit diesen Aufnahmen ein höchst tende Eindrücke ist, wenn man diesen Bogen
nachahmenswertes Beispiel dafür gegeben, wie ehrfürchtigen Sinnes und mit Augen, die für
man auch Länder, die längst für „erledigt" und Schönes olfen sind, durchschritten hat.
„ausgebeutet" galten, mit der Kamera völlig neu Bichard Braungart
MILCHZIEGEN IN CAPRE
104
staunt und höchst angenehm über-
rascht, wenn man das Bilderwerk
über Sizilien in die Hand nimmt,
das unlängst im Verlag F. Bruck-
mann in München erschienen ist;
denn hier sieht man sich mit
einem Male einem ganz neuen
Sizilien gegenüber. Und dabei hat
jeder, auch wer noch nie in Sizi-
lien gewesen ist, sofort das Emp-
finden, daß dieses Sizilien endlich
das echte, wahre und tatsächliche
sein muß. Der Zauberer, der die-
ses Wunder gewirkt hat, ist Paul
Hommel in Stuttgart. Er ist ein
Virtuose der Landschaftsphoto-
graphie, als Techniker zunächst;
und so muß es auch sein. Aber
er besitzt außerdem noch die sel-
tene Gabe, das Charakteristische,
Wesentliche und Spezifische her-
auszufinden und Natur und Men-
schenwerk ohne Verkünsteleien
und Verfälschungen genau so
wiederzugeben, wie sie sich dem
Auge darbieten; wobei natürlich
die Veränderung zu berücksichti-
gen ist, die durch die Übertragung
aus der Vielfarbigkeit in das ein-
fache Schwarz-Weiß sich von
selbst ergibt. In diesen wunder-
vollen, übrigens auch glänzend
reproduzierten Aufnahmen er-
steht, was nicht zuviel gesagt ist,
Sizilien zum erstenmal in seiner
absoluten Wirklichkeit, in seiner
unvergleichlichen Schönheit und
Eigenart vor uns. Bei vielen Motiven, die wir entdecken kann, und zwar, ohne daß den Mo-
längst auswendig gekonnt zu haben glauben, tiven irgendwie Gewalt angetan wird, sondern
ist es uns wahrhaftig, als erlebten wir sie eben nur dadurch, daß der Photograph den besten
jetzt erst. Und man frägt sich, fast ärgerlich, Standort, die passendste Beleuchtung und den
wo denn nur eigentlich die Photographen geeignetsten, d. h. wirksamsten und zugleich
(und auch die Künstler!) früher ihre Augen wirklichkeittreuesten Ausschnitt wählt. Über
gehabt haben mögen, daß ihnen das alles das stilistisch vollendete und ungewöhnlich ge-
entgangen ist. Oder haben sie es gesehen und haltvolle Vorwort von Hugo von Hofmannsthal
nur nicht den Mut gehabt, von der durch die ist zu sagen, daß es stolz und edel wie ein antiker
Publikumsnachfrage geheiligten Schablone ab- Torbogen am Eingang des Buches steht und daß
zuweichen? Aber wie dem auch sei: Paul Hommel man in der allerbesten Stimmung für bedeu-
hat jedenfalls mit diesen Aufnahmen ein höchst tende Eindrücke ist, wenn man diesen Bogen
nachahmenswertes Beispiel dafür gegeben, wie ehrfürchtigen Sinnes und mit Augen, die für
man auch Länder, die längst für „erledigt" und Schönes olfen sind, durchschritten hat.
„ausgebeutet" galten, mit der Kamera völlig neu Bichard Braungart
MILCHZIEGEN IN CAPRE
104