DIE NEUE TRIBUNA ITALIENISCHER KUNST IN DER „GRANDE GALERIE" DES LOUVRE
IM SCHATTEN POUSSINS
VON
OTTO GRAUT OFF
Ich stand wieder im Louvrehof. Gedrückter als
früher. Der unermeßliche Reichtum, den Paris
auch in dieser Zeit der Not an Eßwaren, an Klei-
dern, an fröhlichem Tand zur Schau stellt, hatte
mir die deutsche Niederlage schmerzhaft sinnfällig
gemacht. Das Echo von Haß und Deutschenhetze
klang mir noch in den Ohren. Aber der lastende
Druck unseres deutschen Schicksals hob sich, die
Seele wurde freier, heiterer und glückvoller, während
Die Abbildungen aus dem Louvre wurden mir in liebens-
würdiger Weise zur Verfügung gestellt. Ich spreche Tean
Guiffrev auch an dieser Stelle meinen Dank aus.
meine Augen die klare, gemessene Gliederung der
Fassade abtasten und sich in den reichen Schmuck
der Architektur hineinfühlen. Uber der edlen Würde
dieser grauen Steinmassen wölbt sich der blaue
Himmel. Ich habe mich zurückgefunden in die
Stimmung, die ich oft an heißen Sommertagen
im Louvrehofe erlebte. Langsam steige ich die stei-
nerne Wandeltreppe hinan. Ist es ein Traum? Alles
ist wie sonst. Oben kommt man atemlos an. Vor
mir liegt wieder der lange, halbdunkle, kühle Gang,
an dessen Ende der Diener sitzt. Ich lasse mich
melden. Alles wie sonst. Ich werde in ein Zimmer
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IM SCHATTEN POUSSINS
VON
OTTO GRAUT OFF
Ich stand wieder im Louvrehof. Gedrückter als
früher. Der unermeßliche Reichtum, den Paris
auch in dieser Zeit der Not an Eßwaren, an Klei-
dern, an fröhlichem Tand zur Schau stellt, hatte
mir die deutsche Niederlage schmerzhaft sinnfällig
gemacht. Das Echo von Haß und Deutschenhetze
klang mir noch in den Ohren. Aber der lastende
Druck unseres deutschen Schicksals hob sich, die
Seele wurde freier, heiterer und glückvoller, während
Die Abbildungen aus dem Louvre wurden mir in liebens-
würdiger Weise zur Verfügung gestellt. Ich spreche Tean
Guiffrev auch an dieser Stelle meinen Dank aus.
meine Augen die klare, gemessene Gliederung der
Fassade abtasten und sich in den reichen Schmuck
der Architektur hineinfühlen. Uber der edlen Würde
dieser grauen Steinmassen wölbt sich der blaue
Himmel. Ich habe mich zurückgefunden in die
Stimmung, die ich oft an heißen Sommertagen
im Louvrehofe erlebte. Langsam steige ich die stei-
nerne Wandeltreppe hinan. Ist es ein Traum? Alles
ist wie sonst. Oben kommt man atemlos an. Vor
mir liegt wieder der lange, halbdunkle, kühle Gang,
an dessen Ende der Diener sitzt. Ich lasse mich
melden. Alles wie sonst. Ich werde in ein Zimmer
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