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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 2
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Grautoff, Otto: Vom Hotel de Biron nach Issy und Marly le Roi: die französische Kunst seit 1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0071

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kann die Güter der Freiheit für die Allgemeinheit
nutzbringend machen. Dessen gedachte ich, als
ich durch die gepflegte, geordnete, maßvoll rhyth-
misierte Allee schritt, der Stadt entgegen, die durch
das Gesetz ihre Weltgeltung in Kunst und Lite-
ratur errungen hat.

Ich war inzwischen hinausgetreten auf die
Terrasse. Weit dehnte sich die Landschaft im sin-
kenden Sonnenlicht vor meinen Augen. Im Hinter-
grund reckte sich steil der Eiffelturm in die Höhe.
Da lag Paris. Diese Stadt war uns einst geöffnet.
Ihre Schönheit, ihr Formenreichtum, ihre Farben-
harmonien boten einst unserer ewig schweifenden,

ins Grenzenlose greifenden Sehnsucht eine be-
ruhigende Beschränkung. Lebte man in ihr, so
glaubte man, seinen deutschen Reichtum nur in
die ehrfürchtigen Formen ergießen zu brauchen,
die eine jahrhundertalte Tradition für Sitte und
Haltung, Geschmack und Lebensstil sich geschaffen
hatte, um die vollkommene Verschmelzung von
deutscher Tiefe und romanischer Beherrschtheit
von Fülle und Form verlebendigen zu können.

Die Sonne sank. Die Silhouette der Stadt ver-
schwamm. Einsam stand ich in dunkler Nacht,
und unser großes Leid der Gegenwart bedrückte
mich,

PABLO PICASSO, ZEICHNUNG

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