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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0091

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dem plötzlich ein Meister wie Adam Krafft bürgerlich wirkt,
und Tilman Riemenschneider feminin, und Veit Stoß deko-
rativ; und das wir nicht kennen. Und dann bleibt Pacher
ein bedeutender Maler (mit oberitalienischen Neigungen).
Oder aber, wir glauben nach wie vor, Pacher sei auch an
den plastischen Teilen des Altars zu St. Wolfgang schöpfe-
risch am Werk gewesen und der heilige Benedikt sei eine
eigenhändige Arbeit von ihm. Dann hat ihm der Kunst-
verstand, der in seinen Malereien herrscht, am Ende die
formale Phantasie auch als Bildhauer gelähmt. Und alles,
was ursprünglich Gefühlsmacht und Geheimnis war, ist dann
Klarheit und Eleganz geworden.

Dieses Entweder-Oder bleibt als Schlußfragezeichen be-
stehen, trotz Stiassnys prachtvoller Analyse des Meister-
geheimnisses.

Das Buch liest sich gut und teilweise spannend, vor-
nehmlich in den kunsthistorischen Abschnitten. Die ästhe-
tischen Anschauungen des Verfassers stammen aus wirklich-
keitsnaher Betrachtungsweise und werden, wie es scheint,

den irrationalen Kräften der gotischen Formenwelt nicht
immer bis zum letzten Punkte gerecht. Wann und wo
Körperproportionen „falsch" sind, interessiert augenblicklich
nicht allzusehr. Aber es wäre ungerecht, deshalb zu meinen,
Stiassny fehle der Sinn für künstlerischen Ausdruck gegen-
über dem Objekt und gegenüber dem eigenen Stil. Er
schreibt sehr anschaulich und weiß zu charakterisieren.
Manchmal erinnert er sogar an Robert Vischer.

Das Abbildungsmaterial des Tafelbandes führt in zwei-
undvierzig großen Lichtdrucken den Altar in allen Erschei-
nungen, mit vielen Einzelaufnahmen sehr glücklich vor.
Alles Technische der Publikation verdient höchste Anerken-
nung und aufrichtigen Dank. Besonders wichtig erscheint,
daß in dem (im übrigen ausgezeichnet gedruckten) Textband
auch eine Anzahl von Detailaufnahmen nach Gipsabgüssen
einiger Skulpturen reproduziert wurde. Diese Aufnahmen
sind aus bestimmten Gründen für die Stiluntersuchung neben
den Aufnahmen nach den Originalen unentbehrlich.

E. Waldmann.

MICHAEL PACHER, ENGELSKOPF VOM SCHREIN DES HOCHALTARS ZU ST. WOLFGANG
aus: r. stiassny „Michael pachers st. wolfganger altar", Kunstverlag a. schroll & Co., Wien

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