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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 3
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Pauli, Gustav: Ernst Matthes: ein Erinnerungsblatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0123

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des allgemeinen Enthusiasmus auf. Neben ihm im Sande
verblutet sein Opfer. Hinter ihm aber hat die Schar sach-
verständiger Bewunderer sich nicht halten lassen und galoppiert
auf ihn zu wie ein aufgeregter Schwärm großer schwarzer
Insekten. Matthes malte das sehr ernsthaft, aber schließlich
schnitt das Bild doch wieder so ein drolliges Gesicht, denn
neben ihm hatte wieder einmal der Schalk gesessen.

Die gute Pariser Zeit ging allgemach zu Ende. Die
Stadt und ihre Bewohner zeigten unserm Freunde ein ver-
ändertes Antlitz. Mit dem Machtgefühl wuchs der Chau-
vinismus und hinter tausend Masken umlauerte den deutschen
Gast der Haß. 1911 hatte Matthes genug davon bekommen
und kehrte nach Deutschland zurück, um sich in dem un-
geliebten, aber mit allem Nötigen reich versorgten Berlin
niederzulassen. Manches in der neuen Umgebung regte
ihn an. Es gelangen ihm wertvolle Arbeiten, z. B. an-
mutige und fein beobachtete Bilder vom Freibad in Wann-
see. Er wendete sich von neuem der graphischen Kunst

zu und radierte etliche Platten, nachdem er früher eine Reihe
von Steinzeichnungen aus dem Pariser Leben herausgegeben
hatte. Sie erreichten nicht den Wert seiner aquarellierten
Zeichnungen. Und dann kam der Krieg, der seiner Kunst nur
spärlich Raum gab. Der Maler verwandelte sich in einen
musterhaften Offizier. Von Untergebenen und Kameraden
geachtet und geliebt, hat der Rittmeister Matthes die
schlimmen Jahre im Osten und Westen mit gelassener Selbst-
verständlichkeit seinen Mann gestanden. Vielleicht empfand
er die Beschwerden des Feldzugs als eine Ablenkung. Er
war frischer und freudiger als sonst geworden. — Noch einmal
schuf er eine Folge von Lithographien mit tagebuchartigen
Kriegsbildern als eine Liebesgabe für die Kameraden seines
westfälischen Ulanenregimentes.

Seine Manen mögen es mir verzeihen, daß ich in diesen
wenigen Seiten seiner gedachte. Wahrscheinlich hätte er
selbst lächelnd mein Bemühen abgewehrt. Allein — ich
sagte es bereits — er war sich selber ein ungerechter Richter.

ERICH HECKEL, HOLZSCHNITT

AUSGESTELLT IM GRAPHISCHEN KABINETT (j. B. NEUMANN), BERLIN

III
 
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